Brandenburgs Linke hat erstmals eine weibliche Doppelspitze. Der Landesparteitag wählte am Samstagnachmittag die bisherige Landesgeschäftsführerin Anja Mayer (39) und die Sozialministerin Diana Golze (42) zu den neuen Landesvorsitzenden.
Diana Golze: 102 Ja-Stimmen (78,5 Prozent), 19 Nein-Stimmen, 9 Enthaltungen
Anja Mayer: 107 Ja-Stimmen (82,3 Prozent), 15 Nein-Stimmen, 8 Enthaltungen
Der bisherige Landesvorsitzende und Finanzminister Christian Görke war nach vier Jahren an der Parteispitze nicht mehr angetreten. Er hatte sich selbst für eine weibliche Doppelspitze ausgesprochen.
Mayer und Golze wollen die Partei vor allem programmatisch auf das bevorstehende Superwahljahr vorbereiten. 2019 finden neben der Europawahl noch Kommunalwahlen und im Herbst die Landtagswahl statt.
Diana Golze sendet Videobotschaft
Golze wurde in ihrer Abwesenheit gewählt: Sie musste sich erneut einer Operation unterziehen und hatte dem Parteitag eine Videobotschaft geschickt. Beim Sommerurlaub war Golze im vergangenen Jahr auf einem italienischen Campingplatz von einem umstürzenden Baum getroffen und schwer am Rücken verletzt worden. „Es hat mich im letzten Jahr richtig übel erwischt“, sagte sie in der Videobotschaft. Der erneute operative Eingriff sei nötig gewesen. „Ich möchte einmal meine Enkel hochheben können. Deswegen bin ich in medizinischer Behandlung“, sagte sie.
Sie wolle ihr Ministeramt behalten und sich den Parteivorsitz mit Anja Mayer teilen. „Anja Mayer und ich verstehen uns sehr gut, wir ticken ähnlich, wir ergänzen uns gut“, sagte Golze. Alleine würde sie das neue Parteiamt nicht antreten, erklärte sie.
Linke weiter für solidarische Politik
Mayer, die bisherige Landesgeschäftsführerin, will sich nach eigener Aussage dafür einsetzen, dass sich die Linke in der Koalition mit der SPD besser durchsetzt. „Mit uns wird es keine Abstriche bei einer solidarischen Politik geben. Mit uns wird es keine Law-and-Order-Politik geben“, betonte sie.
Vor allem in der Familienpolitik will sich die Linke im Wahljahr profilieren. „Wir werden die Kinder in den Mittelpunkt unserer Politik stellen“, so Mayer. „Mit dem letzten beitragsfreien Kita-Jahr werden wir uns nicht zufrieden geben.“
Görke teilt gegen AfD und CDU aus
Verabschiedet wurde Christian Görke, der am Samstag seinen 56. Geburtstag feierte, mit französischem Rotwein, einer überdimensionalen Torte und stehenden Ovationen.
In seiner letzten Rede als Parteichef griff Görke sowohl CDU als auch AfD scharf an. „Wer Demokratie nicht zum Auslaufmodell werden lassen will, muss ganz klare Kante gegen die Möchtegern-Goebbels der AfD zeigen“, sagte er. Die CDU habe von ihrer Kampagne gegen die Kreisgebietsreform nicht profitieren können. Stattdessen habe die AfD weiter zugelegt. „Das beweist ganz klar: Populismus kann die AfD besser.“
Scharf verurteilte Görke die Ankündigung von CDU-Landeschef Ingo Senftleben, nach der nächsten Landtagswahl mit allen Parteien reden zu wollen - also auch mit der AfD. Die AfD stehe mit ihrem Landeschef Andreas Kalbitz am „stramm rechten Rand der Gesellschaft“. Wenn die CDU mit dieser Partei reden wolle, „dann werdet ihr uns kennenlernen“, rief Görke.
Görke übte auch Selbstkritik. Die Linke habe den Beweis antreten wollen, dass die Partei, die lange Zeit in erster Linie die Oppositionsrolle eingenommen hatte, auch in einer Regierung nicht automatisch verlieren müsse. „Das ist uns nicht gelungen“, räumte Görke mit Blick auf das schwache Abschneiden der Linken bei der Landtagswahl 2014 ein. „Das Erstarken der AfD hat uns in diesem Jahr kalt erwischt.“
Görke geht auf Distanz zu Woidke
Görke ging auch auf Distanz zu Ministerpräsident Dietmar Woidke. Der SPD-Landeschef war in der Islam-Debatte überraschend Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) beigetreten. „Ich habe nicht ganz verstanden, was er sagen wollte. Er muss hier eine klare Position beziehen“, sagte Görke und verwies auf die Religionsfreiheit. „Deshalb gehört auch dieser Islam zu Deutschland“, sagte Görke.
Von MAZonline, Torsten Gellner