Kleine Kristalle können ein ganzes Leben zerstören: Die Designerdroge Crystal Meth, die sich vor allem im Süden des Landes ausbreitet, setzt zunehmend die Suchtberater und Kliniken unter Druck. „Wir nehmen die steigenden Zahlen sehr ernst“, sagt Michael Leydecker, Leiter der Suchtberatung Tannenhof Berlin-Brandenburg in Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald). Auch die Polizei reagiert mit verstärkten Kontrollen.
„Die Suchtberatungsstellen im Süden registrieren seit einiger Zeit steigende Zahlen“, sagt Andrea Hardeling, Geschäftsführerin der Landesstelle für Suchtfragen. Im Norden gebe es hingegen Stellen, die in diesem Jahr noch gar keine Crystal-Abhängigen behandelt haben. Das Gefälle zwischen Nord und Süd sei sehr stark. Dass sich das Problem Crystal Meth von Süden nach Norden „durch das Land frisst“, wie Innenminister Karl-Heinz-Schröter (SPD) bei einer Pressekonferenz zur Grenzkriminalität erklärt hatte, kann Hardeling aus Sicht der Beratungsstellen im Land zwar nicht bestätigen. „Allerdings dauert es auch eine gewisse Zeit bis Drogenabhängige Hilfe suchen, in der Regel zwischen ein bis vier Jahre“, sagt die Expertin. Es sei also nicht ausgeschlossen, dass es dort Betroffene gibt.
Beratungsstellen im Spreewald haben sich spezialisiert
Im April 2014 wurde der erste Fall einer Crystal-Meth-Abhängigen in Hennigsdorf (Oberhavel) bekannt. Iris Möker, Sprecherin der DRK-Landesverbands erklärt dazu, dass es in den Beratungsstellen des DRK im Norden keine auffälligen Zahlen gebe. Anders ist die Situation in Lübben (Dahme-Spreewald) sowie in Lauchhammer (Oberspreewald-Lausitz) oder auch in Cottbus. „Das sind die Schwerpunktregionen, in denen die Beratungsstellen immer mehr Zulauf haben“, sagt Michael Leydecker. Crystal Meth sei schon seit den 1990er-Jahren in Brandenburg bekannt und mittlerweile hätten sich Kliniken und Beratungsstellen auf deren Behandlung spezialisiert. Die Fontaneklinik in Motzen (Dahme-Spreewald) etwa behandelt Crystal-Abhängige nur in einer kleinen separaten Einheit, werde aber immer stärker von Patienten angefragt, so Leydecker.
Kilo statt Gramm: Mehr Crystal beschlagnahmt
Nach Polizeiangaben liegt der Schwerpunkt der Drogendelikte in Brandenburg nach wie vor bei Cannabis. Fünf Prozent aller Drogendelikte im Land seien auf Crystal zurückzuführen. Die Droge fällt unter den Oberbegriff „Methamphetamin“, dessen unerlaubter Handel und Besitz strafbar ist. 2014 gab es 230 allgemeine Verstöße, 2013 waren es 86. 90 Prozent der Feststellungen, die mit Methamphetamin zusammenhingen, konzentrierten sich im vergangenen Jahr im Bereich der Polizeidirektion Süd (Dahme-Spreewald, Oberspreewald-Lausitz, Spree-Neiße, Elbe-Elster und Cottbus), so Dietmar Keck vom Brandenburger Polizeipräsidium. Die Droge kommt häufig über die tschechische Grenze nach Deutschland.
Im vergangenen Jahr stellte die Polizei etwas mehr als drei Kilogramm Crystal sicher, im Vorjahr waren es nur 300 Gramm. „Die Feststellungen solcher Straftaten resultieren zum größten Teil aus dem aktiven Handeln der Polizei“, erklärt Keck. Steigende Fallzahlen seien somit auch immer ein Indiz für wachsenden Verfolgungsdruck.
Gefährliche Kristalle
Kristallines Methamphetamin, umgangssprachlich als „Crystal Meth“ bezeichnet, macht besonders schnell abhängig und bewirkt in kurzer Zeit erhebliche körperliche Folgen bei Abhängigen.
Die synthetisch hergestellte Substanz gilt als preisgünstige Droge mit aufputschender Wirkung. Crystal wird geschnupft, geraucht oder injiziert.
In Brandenburg gehandeltes Crystal Meth kommt zumeist aus Tschechien oder Polen. Besonders in den hiesigen Grenzregionen verleitet der Beschaffungsdruck die Abhängigen zu kriminellen Taten wie Einbrüche oder Überfälle.
Während des Zweiten Weltkriegs fand Methamphetamin millionenfache Verwendung. Unter dem Spitznamen „Panzerschokolade“ diente das Mittel zur Dämpfung des Angstgefühls sowie zur Steigerung der Leistungsfähigkeit bei Soldaten, Fahrzeugführern und Piloten.
Von Luise Fröhlich