Die geplante Reform des Brandenburger Bestattungsgesetzes bedroht nach Auffassung beider großer Kirchen ethische Standards und sollte überarbeitet werden. Der evangelische Landesbischof Markus Dröge verlangte insbesondere bei den Themen Diamantpressung aus Totenasche und Bestattung von Totgeburten Änderungen. Ähnlich äußerte sich das katholische Erzbistum in Berlin.
„Der Körper wird zur Sache“
Wer im Rahmen einer Feuerbestattung Asche des Verstorbenen entnehme, um daraus einen künstlichen Edelstein herzustellen, der mache den Körper „zur Sache“, so der Chef der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. „Das bedeutet, dass man das, was vom Körper des Verstorbenen übrig bleibt, aufteilt und für sich behält.“Außerdem, so Dröge, drohe eine Kommerzialisierung.
„Man würde auch kein Grab öffnen und dem Verstorbenen einen Fuß abhacken, um daraus einen Diamantring zu fertigen“, sagt Martina Köppen, Leiterin des Katholischen Büros Berlin-Brandenburg – also des Kommissariats des Bischofs. „Der tote Leib ist nicht nur eine Hülle“, seine Integrität gelte es zu wahren, so Köppen.
„Es droht eine Privatisierung von Toten“
Außerdem drohe eine „Privatisierung von Toten“, wenn einzelne Angehörige Bestandteile mit nach Hause nähmen. „Wandert ein solcher Ring in den Müll, wenn er dem Besitzer nicht mehr gefällt?“, fragt Köppen. Die katholische Kirche sehe „kein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit“ an der Gesetzesänderung. Zudem seien die Begriffe im Gesetz unscharf. So sei nicht festgelegt, wie groß etwa eine „geringe Menge“ Asche sei.
Brandenburgs Innenministerium hält der Forderung nach einem Ascheentnahme-Verbot entgegen, die Bestattungskultur habe sich geändert. Dem wolle man mit der Novelle Rechnung tragen, so Ministeriumssprecher Lothar Wiegand. Tatsächlich geschehe vieles derzeit schon illegal. Im Gesetzentwurf wird darauf hingewiesen, dass es zunehmend Verstöße gegen das Gebot gebe, Totenasche in Gänze zu bestatten. „Ein wirksames Instrument dagegen steht bislang nicht zur Verfügung“, so das Gesetz.
Kirchen fordern Bestattungspflicht für alle Totgeborenen
Weiter fordern beide Kirchen die Einführung einer Bestattungspflicht für alle tot geborenen Kinder. Derzeit gilt eine solche Verpflichtung erst ab einem Mindestgewicht von 1000 Gramm. Kleinere Kinder können nach geltender Rechtslage auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern beigesetzt werden. „Das menschliche Leben hat von Anfang an eine Würde“, so Dröge. „Eltern von tot geborenen oder unter der Geburt verstorbenen Kindern leiden erheblich unter dem vorzeitigen Tod ihres Kindes und sollten die Möglichkeit der Trauer an einem Grab erhalten.“
Öffentliche Anhörung am Donnerstag
Die katholische Kirche hält „mindestens eine Informationspflicht gegenüber den Eltern für angemessen“, so Martina Köppen vom Katholischen Büro in Berlin. Diese gebe es derzeit nicht. Kostenerwägungen dürften keine Rolle spielen, wenn ein Kind gestorben sei. Katholische Krankenhäuser würden heute schon alle Fehl- und Totgeborenen bestatten.
Das Innenministerium will hingegen „den Elternwillen weitgehend berücksichtigen“, so Sprecher Wiegand. Allerdings warte man nun die öffentliche Anhörung zu dem Thema im Innenausschuss am Donnerstag ab. „Es sind heikle Themen, mit denen wir es uns auch nicht einfach machen“, so Wiegand.
Von Ulrich Wangemann