Ganz langsam rollte am Sonnabendvormittag ein historischer Zug auf dem alten Gleisbett in den Bahnhof von Magdeburgerforth ein. Die Straße wurde zuvor von zwei Eisenbahnern gesichert. An die geschmückte Traditionslok waren zwei restaurierte Personenwagen gekoppelt. Zum Stehen gebracht wurde der Zug von den beiden Lokführern Olav Fabricius und Benjamin Ebrecht am ehemaligen Bahnsteig. Eilig bewegten sich die schaulustigen Gäste zum Bahnsteig und betrachteten den Zug ausgiebig.
„Nicht ganz pünktlich und mit einigen Minuten Verspätung kam das historische Gefährt hier an, wie pünktlich der Zug vor 120 Jahren hier in den Bahnhof einfuhr, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Am 4. April 1896 erreichte um 9.11 Uhr offiziell der erste planmäßige Zug aus Richtung Burg den Bahnhof Magdeburgerforth. So ähnlich kann es sich vor 120 Jahren hier an dieser Stelle auch abgespielt haben. Drei Fahrstrecken gab es von Burg aus. Eine davon bis nach Magdeburgerforth. Drei Monate später war auch die Verbindung bis nach Ziesar hergestellt worden.
1896 erreichte die erste Bahn Magdeburgerforth
Die Eisenbahnverbindung wurde bereits 1965 stillgelegt“, sagte Kilian Kindelberger, Vereinsvorsitzender des Traditionsverein Kleinbahn des Kreises Jerichow I zu den anwesenden Gästen. Mit einem Fahrtag erinnerte der Traditionsverein an die Eröffnung von damals und den Einzug des damaligen technischen Fortschritts. 120 Jahre später ist das Bahnhofsgelände sowie die dazugehörige Eisenbahnanlage, Loks, Waggons und ein kleines Museum alles nur noch ein Technisches Denkmal, das von den ca. 50 Mitgliedern des Traditionsverein Kleinbahn des Kreises Jerichow I erhalten und mühevoll aufgebaut wird.
Finanziert wird alles aus Privaten Spenden und dem Fördermitteltopf Technische Denkmäler von Land Sachsen-Anhalt, der vor vielen Jahren vom Verkehrsminister Karl-Heinz Daehrer eingerichtet wurde. Geschafft wurde bereits viel. Als nächstes Ziel ist es, die Inbetriebnahme der ca. 600 Meter restaurierten Gleisstrecke bis zur Lindenstraße in M-forth. „Wir müssen noch eine Weiche einbauen, den Bahnsteig und einen Bahnhof anlegen. Unser Ziel ist es, das wir im August die Genehmigung für den Betrieb der Strecke vom Eisenbahnbundesamt bekommen“, sagte Kindelberger.
Das Finanzielle wird aus privaten Spenden gestemmt
Ab 10 Uhr und dann stündlich fanden die Fahrten bis zum Lumpenbahnhof statt. „Einsteigen bitte“ lautete die Aufforderung von Zugführer Carsten Müller an die Passagiere. Kurz darauf kam ein Signal aus seiner Trillerpfeife. Die Lokführer antworteten mit einem Hupsignal von der Lok aus. Der Zug setzte sich langsam in Bewegung. Mit ganzen 10 Kilometer pro Stunde wurden die beiden Waggons auf dem ca. 600 Meter langen Schienenstrang bis zum Lumpenbahnhof geschoben. „Wir müssen so langsam fahren, da die Lokführer die Strecke nicht einsehen können“, gab Müller als Auskunft. Während der Zugfahrt erzählte im Abteil Fritz Peter Gebhardt seinem Enkel Marvin Andre Völckel (10) seine Erinnerungen an diese Bahn.
„Wir mussten im Winter mit dem Zug von Grabow bis zur Schule nach Burg fahren. Im Waggon stand ein Ofen, der noch beheizt werden musste“, erzählte der 70-Jährige Burger. Hobbyschaffner Hans Gerd Ludwig aus Ziesar verkaufte an die Mitfahrenden Fahrscheine. Die Rückfahrt ging schneller. Aber kurz vor dem Bahnhof gab es ein Halt an einer Trapeztafel. Hier musste sich der Zugführer die Erlaubnis vom Bahnhof holen, um dort wieder einfahren zu können. Es dauerte eine Weile bis das Okay kam „Zug 1101 darf einfahren“. Carsten Müller und viele andere Vereinsmitglieder des Traditionsvereins Kleinbahn des Kreises Jerichow I leisteten am Bahnhof in Magdeburgerforth viel ehrenamtliche Arbeit. Gegründet wurde der Verein am 9. September 2000.
Die nächsten Fahrtermine sind am 28.05. und 29.05.2016 zum 19. Bahnhofsfest jeweils von 10-18 Uhr. Magdeburgerforth liegt im benachbarten Sachsen- Anhalt und ca. 7 Kilometer zur Landesgrenze vom Land Brandenburg und von Ziesar entfernt. Ziesar gehörte bis 1952 zu Sachsen-Anhalt.
Von Silvia Zimmermann