Die Brandenburgerin Nancy Petsch (39) ist über Hohenstücken hinaus besser bekannt als „Kleiderursel“. Den Namen hat sich die Mutter von vier Kindern mit einem außergewöhnlichen Engagement verdient, das sie inzwischen allerdings an ihre Grenzen treibt. Denn es gibt ein schwer lösbares Platzproblem.
„Vielleicht weiß jemand etwas, einen Raum für wenig Geld für die Kleiderursel“, hofft die Frau, die im Moment notgedrungen ihr eigenes Wohnzimmer als Kleiderlager und Treffpunkt umfunktioniert hat.
Privat und ohne jedes Geschäftsinteresse organisiert Nancy Petsch eine Art Kinderkleiderbörse, bei der ausdrücklich kein Geld fließt. Wer Kinderkleidung hat und nicht mehr benötigt, weil sie vielleicht für die eigenen Söhne und Töchter zu klein geworden sind, bringt sie zur Kleiderursel nach Hohenstücken.
Spende und Tausch
Wer will, kann im Tausch andere Kindersachen mitnehmen, die andere Leute gebracht haben. Wer nur spendet, ist ebenfalls willkommen. „Der eine hat, der andere braucht“, lautet ein Wahlspruch von Nancy Petsch. Willkommen sind daher auch Eltern, die mit leeren Händen kommen, aber dringend etwas zum Anziehen für ihre Kleinen benötigen.
Die Frau aus Hohenstücken, die sich ironisch als Sozialarbeiterin ohne Ausbildung und Bezahlung bezeichnet, organisiert die Kleiderhilfe wirklich gern. Doch inzwischen platzt das soziale Projekt buchstäblich aus allen Nähten.
Denn ihren Raum beim Verband der Alleinerziehenden musste Nancy Petsch Ende Juni räumen. Seither sind die eigenen vier Wände zur Kleiderkammer geworden. Das kann mit Rücksicht auf die Nachbarn und die eigenen drei minderjährigen Kinder nur die vorübergehende Notlösung sein.
Wenn sich wie an einem Mittwoch dreißig Leute in der Wohnung stapeln und nur in Etappen in den rund 50 Kisten nach etwas Passendem suchen können, dann fördert das zwar die zwischenmenschlichen Kontakte, überfordert die Gastgeberin jedoch auch.
Nancy Petsch hat sich wegen ihrer Raumsuche über Facebook schon an Oberbürgermeister Steffen Scheller (CDU) und an die großen Wohnungsunternehmen gesucht. Doch bisher war das nicht erfolgreich. Für eine Privatperson ist es dort schwierig, Unterstützung zu finden.
„50 Euro im Monat für einen Raum wären kein Problem“, sagt die Kleiderursel, die sämtliche Sachen nach Größe und Geschlecht vorsortiert. Der gesuchte Raum würde nur für wenige Stunden in der Woche als Kleiderbörse genutzt. Allerdings müssten die Kleiderkisten die übrige Zeit dort bleiben können.
„Jedes Mal mit so vielen Sachen hin und her zu fahren, das schaffe ich nicht“, sagt Nancy Petsch, der syrische Flüchtlinge regelmäßig beim Sortieren helfen.
Man wird Sorgen los
Für ihr Engagement erhält die alleinerziehende Mutter kein Geld. Sie opfert viel Zeit, manchmal verlässt der letzte Kleidergast erst kurz vor 23 Uhr die Wohnung. Denn längst ist die Kleiderbörse auch ein Treffpunkt, ein Ort zum Reden. „Hier wird man Sorgen los, ohne Angst haben zu müssen“, sagt die Kleiderursel.
Was ist der Antrieb, auf diese Weise zu helfen? Nancy Petsch. „Ich weiß seit frühester Kindheit, wie es ist, wenig zu haben. Mein Sohn wurde letztes Jahr in der Schule gehänselt, weil er keine Markensachen trägt. Ich habe von meinem letzten Geld bei Adler Tom Tailor Shirts gekauft. Es soll anderen Kindern nicht so gehen.“
Zwei Wege, die Kleiderursel zu erreichen
Die Kleiderursel ist telefonisch unter 0174 /1 92 48 38 zu erreichen und über Facebook unter dem Namen „Kleiderursel“. Warum eigentlich Kleiderursel? Nancy Petsch: „ Weil sich Kleidernancy komisch anhören würde und es mal eine sehr nette Arzthelferin gab, die Ursel heißt.“
Wichtig wie ein Kleiderursel-Raum bleiben Kleiderspenden. „Zur Weitergabe an bedürftige Familien suche ich immer gut erhaltene Kinderkleidung“, sagt Nancy Petsch. „In der kalten Jahreszeit besonders.“
Fahrfee und Sortierengel für Bedürftige
Kindersachen für die Kleiderursel und ihre Klientel sollte gut erhalten sein.
Die Sachen können zu Nancy petsch gebracht werden oder werden von ihr oder einer Fahrfee abgeholt.
Sortierengeln ordnen die kleidung nach der Größe von 50 bis 182. Zu bestimmten über Facebook vereinbarten Terminen werden die Sachen gegen ALG-2-Bescheid oder Familienpass ausgegeben.
Wer nicht bedürftig ist, kann gern Sachen tauschen.
Kontakt: Nancy Petsch, Telefon 0174 /1 92 48 38, auf Facebook unter dem Namen „Keiderursel“.
Von Jürgen Lauterbach