In den ersten Lauben klappert’s schon, die Schneeglöckchen wollen ans Licht, Sämereien verkaufen sich gut. Brandenburgs Kleingärtnern juckt es in den Fingern, obwohl der Boden noch kalt und das Wasser abgestellt ist. Das herannahende Frühjahr sorgt bei den 96 Vereinen in der Stadt und im Umland für Bewegung.
„Mit höher steigender Sonne wächst die Nachfrage nach freien Parzellen“, weiß Fred Schenk, Vorsitzender des Kreisverbandes der Gartenfreunde. Düstere Nachwendeprognosen, wonach die Kleingärtnerei zu den aussterbenden Hobbys gehört, haben sich nicht bewahrheitet. Kolonien am Wasser oder in wohnortnaher Lage führen wieder Wartelisten. Gerade mal drei Prozent der 5326 Kleingärten liegen derzeit brach. Wo ältere Pächter ausscheiden, rückt Nachwuchs nach. Rund 350 Pächterwechsel registriert der Kreisverband im Jahr.
Einwanderer gehören in den Vereinen dazu
Kleiner Wermutstropfen: Brandenburgs Neupächter sind im Durchschnitt über 40 Jahre alt. „Uns fehlen die ganz jungen Leute. Aber in dieser Altersgruppe herrschen wohl andere Interessenlagen“, räumt Kreisvorsitzender Schenk ein. Dafür gibt es zahlreiche Einwanderer aus unterschiedlichen Herkunftsländern, für die das Gärtnern auf der eigenen Scholle zur liebsten Freizeitbeschäftigung geworden ist. Unter den Pächtern sind Russen, Türken, Inder, Ungarn und Vietnamnesen. Über die erfolgreiche Integration zwischen Boskop und Blattspinat wird nicht viel Aufheben gemacht. „Sie gehören in den Vereinen einfach dazu“, weiß Vorstandsmitglied Peter Saemann.
Ansprechpartner bei der Suche nach einem Kleingarten sind in der Regel die Vorstände oder der Kreisverband, der auf seiner Internetseite eine Parzellenbörse betreibt. Vereinsnamen wie „Erntesegen“, „Glück im Winkel“, „Morgenrot“ und „Sommerfreude“ machen Lust auf Hacken, Harken – und Hollywoodschaukel. Dem Kreisverband gehören auch die Vereine aus dem Altkreis Brandenburg an: Brielow, Pritzerbe, Damsdorf, Lehnin und Ziesar. Die Pacht ist unabhängig von der Lage für alle organisierten Kleingärtner gleich. Mit knapp zehn Cent für den Quadratmeter im Jahr bewegt sie sich im Brandenburger Landesdurchschnitt. Dazu kommen Nebenkosten für Wasser und Strom.
Vorstoß für Generalpachtvertrag
Der Kreisverband der Gartenfreunde kämpft darum, dass Kleingärten preiswerte Refugien bleiben. Die Zweitwohnungssteuer ist zwar vom Tisch, doch andere Abgaben wie für die Müllentsorgung und die Straßenreinigung sorgen immer wieder für Diskussionsstoff. Weil die Kleingärtner in Brandenburg eine Macht sind, gibt es den Kleingartenbeirat, der paritätisch mit Gartenfreunden und Mitarbeitern aus der Verwaltung besetzt ist. Für 2017 will der Kreisverband einen neuen Vorstoß für einen Generalpachtvertrag mit der Stadt unternehmen. Statt Einzelverträge für 75 Vereine auf kommunalem Grund und Boden zu verwalten, schwebt den Gartenfreunden ein Papier für alle städtischen Liegenschaften vor. Die Idee ist nicht neu, war aber in der Vergangenheit wegen verschiedener Bedenken gescheitert.
Von Frank Bürstenbinder