Vor wenigen Tagen feierte Ingeborg Kettner ihren 69. Geburtstag. Doch nach Feiern ist der Zeesenerin überhaupt nicht zumute. Denn die Tage ihres kleinen Pferdehofs an der August-Bebel-Straße, den sie seit mehr als 30 Jahren ehrenamtlich betreibt, sind gezählt. Bis zum 30. November muss sie ihn räumen. „Ich denke immer, dass noch etwas passieren muss. Das kann es doch nicht gewesen sein“, sagt die frühere Krankenschwester niedergeschlagen.
Ein Fall für die Kreispolitik
Der Fall beschäftigt inzwischen die Kreispolitik. Die Mutter einer Tochter, die regelmäßig „Oma Inges Ranch“ besucht, reichte eine Petition ein. Darin
bittet sie den Kreistag, dem Pferdehof noch eine Chance zu geben und eine weitere Nutzung zu erlauben, auch als Wertschätzung für die langjährige Arbeit von Ingeborg Kettner.
Jahrelanger Rechtsstreit endet mit Vergleich
Der Kreistag verwies die Angelegenheit an Landrat Stephan Loge (SPD). Er soll die Kreispolitiker über seine Antwort informieren. Die Bauaufsicht hatte vor fünf Jahren ein Verfahren gegen Ingeborg Kettner wegen angeblich fehlender Baugenehmigungen für Pferdekoppeln und Unterstände eingeleitet. Der Streit endete mit einem gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Zeesenerin verpflichtete, die Anlagen zu entfernen.
Kinder kommen gerne zur Ranch
Zur Ranch kommen Kinder mehrmals in der in der Woche, um die Pferde hautnah zu erleben. Geld nimmt Ingeborg Kettner nicht, Besucher spenden aber. Vor allem die acht und 23 Jahre alten Ponys Seppel und Benni sind
beliebt. Beim Zeesener Pfingstfest waren sie kürzlich wieder mit dabei. Der 31 Jahre alte Laszlo und der 25-jährige Armant komplettieren das Pferdequartett.
„Oma Inge“ gibt die Hoffnung nicht auf
„Eltern und Kinder können nicht begreifen, dass ich die Ranch aufgeben soll“, sagt die Rentnerin. Und auch sie selbst will sich mit dem Gedanken noch nicht abfinden. „Ich habe immer noch die Hoffnung, dass ich bleiben kann, solange ich das körperlich schaffe. Ich habe noch nicht aufgegeben.“
Anzeige nach Körperattacke
In einer Stellungnahme des Landkreises ist von Anwohnerbeschwerden wegen Geruchsbelästigungen die Rede. Laut Ingeborg Kettner sei das aber eine Minderheit. Allerdings wird sie auch angefeindet. Nach einer jüngsten Körperattacke erstattete sie Anzeige bei der Polizei.
Die Ranch war mal ein Schrottplatz
Die Ranch war früher ein Schrottplatz, den Ingeborg Kettner mit Helfern aufgeräumt hat. „Wenn ich den alten Zustand wieder herstellen soll, dann mache ich das“, sagt sie sarkastisch. Ein weiterer Tierhof in Zeesen steht ebenfalls vor dem Aus. Betreiberin Claudia Sailer muss ihren Gnadenhof bis Ende Juni räumen.
Auch Gnadenhof vor dem Aus
Nach einem MAZ-Bericht waren ihr einige Grundstücke angeboten worden, doch es kam zu keiner Einigung. „Wir sind dabei, abzubauen“, sagte sie am Montag. Einen neuen Platz für die Pferde, Schafe und Gänse gibt es noch nicht.
Von Frank Pawlowski