Es gibt nur noch wenige von ihnen und die, die den rasanten Aufstieg des Mobiltelefons überlebt haben, bieten meist einen traurigen Anblick weil sie beschmiert, bespuckt oder gar eingetreten wurden. Die guten alten Telefonzellen haben wahrlich schon bessere Zeiten gesehen. Einst nutzbringende Einrichtung sind sie mittlerweile zu einem traurigen Relikt analoger Zeiten verkommen.
Wie viele von ihnen in Rathenow und dem Westhavelland noch stehen, das verrät die Telekom nicht. „Solche Daten halten wir in dieser Form für die externe Kommunikation nicht vor“, erklärt Telekom-Sprecher Markus Jodl. Dass die Zellen nach und nach abgebaut werden, weil sie kaum noch jemand nutzt, ist dagegen kein Geheimnis. „Die Bedeutung hat mit dem Hausanschluss und dem Siegeszug des Handys abgenommen“, sagt Jodl.
Eine Zelle, die keinen Umsatz bringt, kommt weg
Bundesweit betreibt das Unternehmen noch etwa 30 000 Telefonzellen – 2009 waren es noch 90 000. Alternativanbieter stellen weitere zur Verfügung. Besonders an Flughäfen und Bahnhöfen werden sie laut Jodl noch immer noch stark genutzt.
Sinkt der monatliche Umsatz einer Zelle aber unter 50 Euro, darf die Telekom Städte und Gemeinden wegen eines Abbaus ansprechen. Denn dann wird der Fernsprecher für das Unternehmen unwirtschaftlich. „Der Unterhalt einer Telefonzelle kostet Geld, etwa für Strom, Standortmiete und Wartung“, sagt Markus Jodl. Will eine Kommune unbedingt an einem Standort festhalten, der sich aus Sicht der Telekom nicht mehr lohnt, wird über kostengünstigere Alternativen verhandelt. Einfache Basistelefone zum Beispiel, die sich nicht in einem Häuschen befinden und keine Displays oder Kartenschlitze haben.
Schüler tauschen Bücher in Telefonzelle
„Meines Wissens gibt es in Rathenow keine Telefonzellen mehr. Allerdings führen wir in der Verwaltung auch kein Verzeichnis darüber, so wie es zum Beispiel für Straßenlampen gemacht wird“, teilt Stadtsprecher Jörg Zietemann mit. In Rathenow fielen die vermutlich letzten Telefonzellen dem Innenstadtumbau zum Opfer. Bis 2014 standen auf dem August-Bebel-Platz vor der Post noch drei Exemplare, nach den Umbauarbeiten wurden sie nicht wieder aufgestellt. Auch die Zellen am Platz der Jugend, am Karl-Marx-Platz, am Bahnhof und in der Genthiner Straße sind längst verschwunden. Einen Aufschrei in der Bevölkerung gab es deswegen nicht. Vermutlich ist ohnehin nur den wenigsten aufgefallen, dass sie weg sind. Im Rathaus hat sich jedenfalls niemand beklagt.
Ganz anders in Nennhausen. Dort steht auf dem Gelände der Fouqué Grundschule die vermutlich einzige Telefonzelle im Westhavelland. Der Schulförderverein hatte sie letztes Jahr angeschafft und zur Bücher-Tauschbörse umfunktioniert. „Die Schüler nehmen das Angebot sehr gut an“, berichtet Schulleiterin Marlies Trägenapp.
Von Christin Schmidt