Wie kein anderer Platz verbindet die „Einsame Eiche“ Natur und Tradition. „Doch so einsam ist die Eiche heute gar nicht“, sagte am Samstagnachmittag die Vorsitzende des Freundeskreises „Einsame Eiche“, Monika Stoltz, beim jährlichen Traditionstreffen auf dem Platz mitten im Rhinluch. Aus Damm, Nackel, Friesack, Potsdam, Berlin und vielen anderen Orten waren rund 130 Besucher gekommen um gemeinsam bei Kaffee, Kuchen und Blasmusik gemütliche Stunden zu verbringen und sich der Geschichte der „Einsamen Eiche“ zu erinnern.
Der Baum steht gleich hinter einer 1936 errichteten Holzbrücke, die über den Rhinkanal vom Havelland in die Ostprignitz führt. Die Gemarkungsgrenzen von Damm und Nackel treffen hier aufeinander. Sechs Wege aus allen Himmelsrichtungen führen zu dem Platz. Aus Richtung Damm auf einen Plattenweg entlang, kommt man nach 2,5 Kilometern zur „Einsamen Eiche“, wo Bänke zum Verweilen einladen, Infotafeln zur Geschichte und Natur informieren, ein Gästebuch ausliegt.
Die „Einsame Eiche“ ist besonders für Radfahrer ein beliebter Rast- und Erholungsplatz. „Hier kann ich herrlich entspannen“, sagt Armin Groß (72 Jahre) aus Friesack. 2006 hat er aufgehört, als Melker zu arbeiten und ist seither oft mit dem Fahrrad unterwegs. „Um in Bewegung zu bleiben“, sagt er. An der „Einsamen Eiche“ hat er schon oft Rast gemacht und sich bereits 13 Mal in das Gästebuch eingeschrieben. Dafür ehrte ihn der Freundeskreis am Samstag als häufigsten Besucher der „Einsamen Eiche“.
Seit dem 12. Jahrhundert ist die „Einsame Eiche“ ein markanter Bezugspunkt im Rhinluch. Jahrhunderte diente der Baum der Orientierung auf dem Weg von Ost nach West und Nord nach Süd. Ritter, wie die Friesacker Quizows, nutzten ihn einst als kürzesten Weg nach Neuruppin oder Fehrbellin. Er war der Verbindungsweg zur ehemaligen Poststraße Berlin - Hannover. Im Schatten der „Einsamen Eiche“ soll 1675 der Große Kurfürst Rast gemacht und gefrühstückt haben, bevor er in die Schlacht bei Fehrbellin gegen die Schweden zog.
Einwohner sammelten Unterschriften
Im Jahr 1944 fiel der Baum seinem Alter und den Urgewalten eines Gewitters zum Opfer. Kurze Zeit später wurde eine neue, junge Eiche gepflanzt. Sie gedieh prächtig und in ihrer Nähe sagten sich nicht nur Fuchs und Hase „gute Nacht“, sondern balzten auch Großtrappe und Birkhuhn. Mit der Melioration Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts war für die „Einsame Eiche“ und benachbarte 130 Bäumen kein Platz mehr im Rhinluch. Sie wurden abgeholzt. In den Dörfern sammelten Einwohner aus Protest gegen die Abholzung Unterschriften.
Unterschriftensammlungen waren in der DDR nicht gewollt. So geriet auch der Protest gegen die Abholzung ins Visier der Staatssicherheit, in einer Zeit in der die Kirchen aufriefen Schwerter zu Flugscharen zu schmieden. Nur beherzten Menschen aus Nackel, Damm und Nachbardörfern ist es zu verdanken, dass 1982 etwa 100 Meter vom ursprünglichen Ort entfernt abermals eine Eiche gepflanzt wurde und seither immer am letzten Samstag in Juli ein Eichenfest gefeiert wird.
Ein Baum mit Geschichte
Das vom Freundeskreis „Einsame Eiche“ organisierte Eichenfest wird seit 1982 gefeiert.
Der Freundeskreis hat derzeit 13 Mitglieder, die sich um die Pflege des Baumes, des Platzes und der Infotafeln zur Geschichte der „Einsamen Eiche“ kümmern.
Die „Einsame Eiche“ ist heute ein beliebtes Ausflugsziel.
Zum Fest am Samstag kamen über 130 Besucher. Mit dem Fahrrad kamen die meisten Besucher, auch Rudolph Tille aus Wusterhausen. Er wurde vom Freundeskreis als Fahrradfahrer mit der weitesten Anreisestrecke geehrt.
Mit 79 Jahren war Arno Vierkorn aus Damm der älteste Besucher, der mit dem Fahrrad zum Eichenfest kam.
Von Norbert Stein