Die Ernte ist eingebracht. Überall im Land, wo es was zu mähen, dreschen, häckseln, roden gab, haben die Menschen das traditionell gefeiert. Der Mensch macht sich seit vielen Generationen die Natur zum Partner. Kaum ein Zweig der Landwirtschaft steht für diesen Satz so sehr wie die Imkerei. „Wissen Sie, was es braucht, bis ein handelsübliches Glas Honig gefüllt ist?“ Oliver Schulze ahnt, dass der Laie keinen Schimmer hat. Deshalb erlöst er ihn auch sofort mit der Antwort. „Für ein Glas müssen drei Millionen Blüten angeflogen werden.“
Der Barsikower hat jüngst beim Erntefest der Gemeinde Wusterhausen nicht nur die Köstlichkeiten verkauft, die seine Immen von Rapsfeldern, Robinien- oder Lindenbäumen geerntet haben. Ein bisschen Wissensvermittlung gab es zum Wechselgeld gratis dazu. Und fragen kostete auch nichts. Wer was wissen wollte, war beim Vorsitzenden des Kyritzer Imkervereins genau an der richtigen Adresse. Der Verein hat etwa 50 Mitglieder, die zwischen Kunow und Wildberg ihrem Hobby nachgehen. Bei Oliver Schulze ist daraus mehr geworden. Der gelernte Elektrohandwerksmeister hat 2005 seinen nützlichen Frei-Zeitvertreib zum Beruf gemacht. Er führt seitdem einen landwirtschaftlichen Betrieb und eine Imkerei im Haupterwerb.
Für seine Bienen waren die Monate Mai und Juni Hochsaison. Bis Mitte Juli zog sich die Honigernte hin. Und wie weiß nun die einzelne Biene, wohin sie fliegen muss? Schulze macht es anschaulich. Er spricht von „Kundschaftern“ und „Arbeitern“. „Kundschafter“, das sind „die alten, schlauen Bienen. Sie schwärmen aus Wanderwagen oder Magazinen aus, um den ‚Arbeitern’ die Flugwege zu weisen. Die Kommunikation klappt prima“, so der 47-Jährige, der seine Leidenschaft für die Imkerei schon auf den 17-jährigen Sohn Silas übertragen hat.
Oliver Schulze bietet bis zu zehn Honigsorten an, auch 2016, obwohl der Ertrag eher durchschnittlich gewesen sei. Das Frühjahr war zu trocken. Dennoch finden Schulze-Kunden ihre Favoriten – allerdings nicht in Regalen von Supermärkten, sondern bei dörflichen Festen und in ausgewählten kleinen Verkaufsstellen. So stehen Gläser unter anderem im Hofladen der Stephanus-Stiftung in Heilbrunn, im Cafe´und Backshop Kessel in Wildberg, in der Mosterei Wietz und Fleischerei Meilicke in Kyritz.
Der Bio-Boom macht sich positiv bemerkbar
Die Nachfrage ist gut. Der Bio-Boom macht sich auch hier bemerkbar. Das Ansehen der Biene ist gestiegen. Was sie im Frühjahr und zeitigen Sommer dem schenkt, der sich ihr professionell und partnerschaftlich zuwendet, das ist Marktware. Sie entspricht jenem Status des Bieres, gebraut nach deutschem Reinheitsgebot. Sie unterscheidet sich von den immerhin 80 Prozent Honig, der zum Verzehr nach Deutschland importiert wird.
Auch bei den Bienen von Oliver Schulze ist längst Winterruhe eingekehrt. Sie sitzen kugelförmig eng aneinandergerückt in ihrem Stock. Die kleinen Tiere verfallen in keinen tiefen Schlaf, aber jede unnötige Bewegung wird vermieden, um das Gebilde nicht in Unordnung zu bringen. Sie wärmen sich gegenseitig. Dadurch wird auch bei frostigen Außentemperaturen im Volk immer noch eine angenehme Temperatur erreicht. Bis zur nächsten Ernte mit vielen Ausflügen.
Von Wolfgang Hörmann