Wo soll man hier bloß anfangen? Beim Huhn in der Bärenfalle auf dem Dach, bei den originalen Corvette-Radkappen oder doch lieber bei der Nebelmaschine, die den Wagen in dichte Schwaden hüllen kann? Vielleicht ist aber auch die Hupe das Highlight. Denn sie klingt, als ob John-Boy Walton gerade mit seinem 1930er-Jahre-Lieferwagen ums Eck biegt. Wie auch immer: Dieses Auto verlangt seinem Betrachter – oder besser Entdecker – einiges ab. Denn hier gibt’s an jeder Ecke etwas zu sehen.
Huhn in der Falle
Aber selbst das ist noch untertrieben. Denn auf dem kariert beklebten Dach hängt nicht nur das besagte Huhn in der Falle. Da wäre noch eine alte Munitionskiste, ein Totenkopf, ein original amerikanisches Kennzeichen oder auch ein Pokal – der 2. Preis bei einem „Rust & Shine“-Wettbewerb – erst kürzlich eingeheimst bei einem Autotreffen in Zehdenick (Oberhavel). Alles ist natürlich sicher befestigt.
„Menschenscheu darf man mit so einem Auto nicht sein“
Der Herr dieser Wunderkiste heißt Eric Otto und kommt aus Wittstock. „Menschenscheu darf man mit so einem Auto nicht sein“, sagt er. Denn
obwohl er seinen Golf erst seit gut zwei Monaten besitzt, steht er mit ihm sofort überall im Mittelpunkt. An die vielen Begegnungen mit Neugierigen hat er sich inzwischen gewöhnt. „Manche winken in die Überwachungskamera auf dem Dach, aber die ist natürlich nur eine Attrappe.“ Ein Lkw-Fahrer habe ihn kürzlich auf einer Tankstelle angesprochen, weil er sich dieses Auto einfach mal näher anschauen wollte. Und selbst die Herren in Uniform sind zuweilen beeindruckt: „Mit Daumen hoch“ fuhr der 29-Jährige in seinem Gefährt letztens an zwei Polizisten vorbei.
Für 400 Euro erstand Eric Otto den beige-farbenen Golf, 75 PS, Baujahr 1990, der jetzt rund 215 000 Kilometer auf dem Tacho hat. Noch mal rund 500 Euro habe er in diese spezielle Ausstattung investiert, mit der er auch dem größten PS-Monster die Schau stiehlt.
Gestrichen, nicht gespritzt
Die Farbe ist nicht gespritzt, sondern gespachtelt und gestrichen. „Der Vorbesitzer war Maler“, erklärt Otto. Herrlich unperfekt also – eine Steilvorlage für eine Ausstattung, die Ihresgleichen sucht. Der Lack auf der
Motorhaube wurde extra abgebrannt, um den Rotten-Style zu betonen. Die hintere Seiten- und die Heckscheibe zieren allerhand Aufkleber mit lustigen und zuweilen etwas schlüpfrigen Sprüchen. Die weiße Ratte in der Falle, die aus dem Motorraum zu kriechen scheint, wird natürlich nur bei Präsentationen gezeigt. Die Front ziert ein originaler historischer Rot-Kreuz-Nebelscheinwerfer. Innen ist der Golf bis auf ein paar Bast-Applikationen weitgehend original, ebenso wie die Motorisierung. „Er läuft gut.“
Öfter auf Flohmärkten unterwegs
Und weil das so ist, ist Eric Otto nicht nur gern mal auf Autotreffen unterwegs, sondern auch auf Flohmärkten. Schließlich kann man ja immer mal etwas verändern. Die Kotflügel will er demnächst mit alten Jutesäcken garnieren, die im Fahrtwind wehen, und Gitter für die Fensteröffnungen anschaffen. Auch eine alte Gasmaske aus DDR Zeiten könnte demnächst mit auf Reisen gehen – „na ja, und was man sonst so findet“, sagt Otto. Würde er dieses Auto jemals verkaufen? „Ich hab’ ihn ja erst seit zwei Monaten. Erst mal möchte ich noch ein bisschen Spaß mit ihm haben“. Der dürfte garantiert sein.
Von Björn Wagener