„Die nächste Sitzung findet in einem Urlaubsparadies statt.“ So hätte es durchaus über der Einladung für die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaft und Tourismus der Wusterhausener Gemeindevertretung stehen können. Dabei wäre weder auf die „Aida-Donnadoria“ noch nach Tropical Island eingeladen worden – sondern nach Tornow.
54 Einwohner, eine Kopfsteinpflasterstraße, viel Wind hinter den Häusern. Tornow paradiesisch? Leute von hier halten das wohl etwas zu hoch gehängt. Andere nicht. Gut Tornow ist bei Urlaubern heiß begehrt, besonders bei Großstädtern von Berlin bis Bautzen, von Bremen bis Bochum. Wer von den Frauen und Männern am Montagabend zunächst noch leise Zweifel hegte, durfte sich nach einem ausführlichen Spaziergang über das riesige Gelände eines alten Bauernhofes umstimmen lassen. Die Besucher sahen Schafe, Schweine, Rinder, herumtollende Katzen, einen prall gefüllten Bio-Hofladen. Landmaschinen am Rande des Hofes deuteten auf Ackerbau hin, Kinderroller und Buddeleimer im Kies vorm wuchtigen Gutshaus auf Spielplatzgewusel. Das alles sind wir, hätte Chefin Birgit von Dallwitz-Theiselmann den Gästen zurufen können.
Familien aus Metropolen kenne die Region oft aus Filmen
Die staunten nicht schlecht, als die Frau mit dem Tuch um die Schultern von 15 834 Übernachtungen und einer Auslastung der Ferienwohnungen an 210 Tagen im vergangenen Jahr sprach. Familien aus den Metropolen finden hier, was sie schon aus Dokumentarfilmen kennen, die die Prignitz und das Ruppiner Land als verschlafen, aber schön, weil naturbelassen, porträtieren. Die Ruhe in ländlicher Umgebung erreicht die Erwachsenen, weil ein Aufpassen auf den Nachwuchs hier zur Nebensache werden kann. Der reitet auf Ponys, fährt Kutsche, durchstreift einen riesigen Streichelzoo und lässt sich nur ab und zu mal beim eigenen Erziehungspersonal sehen.
Die Hausherrin vermittelte einen zufriedenen Eindruck. „Der Hofladen läuft“, sagte Birgit von Dallwitz-Theiselmann, „Landwirtschaft, Urlauberbetreuung und eigene Vermarktung klappen auch. Allerdings arbeiten wir auch sieben Tage in der Woche, 365 Tage im Jahr.“ „Wir“, das sind außer ihr, Ehemann und Sohn noch vier Festangestellte, drei Arbeiter auf 450-Euro-Basis und von März bis November Zusatzkräfte – in der Saison allein vier Putzfrauen. Seit 1996 kommen Feriengäste auf den Hof. Damals wurde ein umgebauter Schweinestall zur ersten Schlafstätte eingeweiht.
Der Fachausschuss der Gemeindevertreter ist von Zeit zu Zeit vor Ort unterwegs, will wissen, was in der Fläche passiert, was funktioniert und was nicht. Auch in Tornow sind natürlich nicht alle Tage so wie der Montag, spätsommerlich mit einem herrlichen Sonnenuntergang zum Ausklang. Es gibt auch graue Tage. Für Urlaubsgäste sehen sie dann zum Beispiel so aus, dass sie häufig Probleme haben, vom Bahnhof Wusterhausen bis in ihr Domizil zu gelangen. Und wenn sie dann angekommen sind, wollen sie in den nächsten Wochen auch mal was sehen vom Umland. Spätestens jetzt fällt auf: Es fehlen einigermaßen erschlossene Rad- und Wanderwege.
Solche Pfade durch die Feldmark und an der Dosse zu finden, sollte doch zu machen sein, dachte sich Ortsvorsteher Uwe Tackmann und legte eine Luftbildaufnahme mit einer von Hand gezeichneten Route auf den Tisch. Die Trasse würde einen 20 Kilometer langen Rundkurs ergeben, anzugehen in Bantikow, Brunn, Tornow, Stolpe, Wulkow. Dass sich aus dieser guten Idee eine teils hitzige Diskussion ergab, klingt nach dem Teufel, der immer im Detail steckt: Die Wege übers Land würden das verschiedener Eigentümer berühren. Deren Einverständnis müsste her, so Bürgermeister Roman Blank. Auch seine anderen Bedenken rechtlicher Art wurden nicht von allen geteilt. Letztlich nahm Roman Blank den Auftrag mit, bis zur Gemeindevertretersitzung am 11. Oktober die Machbarkeit „abzuklopfen“.
Von Wolfgang Hörmann