Allerorten wurden und werden sie in dieser Jahreszeit begangen, die Erntefeste und Erntedankgottesdienste. Doch viele Menschen in der Region sind weniger in Feierlaune als vielmehr wütend. Ihnen macht der landwirtschaftliche Verkehr zu schaffen, der stellenweise extrem zugenommen hat. Mancher spricht angesichts dessen gar von einer Energiewirtschaft statt einer Landwirtschaft, geht es doch oft um Stoffe zur Befeuerung von Biogasanlagen, allem voran Mais. Burkhard Theiselmann aus Tornow, selbst Landwirt, wurde das Ganze jetzt zu bunt: Am Montag dieser Woche schickte er mal eben seine Schafherde auf die Straße. Zu grasen gab es da nichts. Das Ganze war eine Protestaktion gegen den Tag und Nacht andauernden Schwerlastverkehr, der die Tornower in seiner Dichte und selbst noch am Wochenende auf die Barrikaden brachte.
Theiselmann stand nicht alleine da mit seiner Hilflosigkeit. Auch andere Anwohner hatte es auf die Straße getrieben. Bürgermeister Roman Blank, rechtzeitig informiert und deshalb auch vor Ort, unterhielt sich mit einem der Treckerfahrer – nicht aber mit den Einwohnern. „Das war nicht die feine Art“, sagt Ortsvorsteher Uwe Tackmann. Bei der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Dienstag kochte der Frust noch einmal hoch. Burkhard Theiselmann nutzte die Einwohnerfragestunde, um den Gemeindevertretern die Situation auf dem Kopfsteinpflaster vor seiner Haustüre nahezubringen. Die Lärmbelastung in dieser Größe bezeichnete er als „Bedrohung für die Einwohner“.
Runder Tisch mit Vertretern von Agrarbetrieben als Lösungsvorschlag
Von Roman Blank wollte er wissen, was die Verwaltung bisher getan habe, „um die Bürger zu schützen, denn Sie sind ihr Bürgermeister“. Außerdem interessierte den Mann vom Gut Tornow, weshalb der Herbeigerufene nicht das Gespräch mit den Tornowern gesucht habe. Die hätten ja nicht mit ihm sprechen wollen, lautete die Antwort, die sein Gegenüber mit leisem Hohnlachen quittierte. Außerdem, so Blank, lebe man eben auf dem Land und müsse sich in der Erntezeit auch mit solchen Erschwernissen abfinden. Der Konter von Bauer Theiselmann folgte sofort: „Es sind keine Erntefahrzeuge, die uns nerven, sondern Traktoren mit Anhängern, die Maisschnitzel für Biogasanlagen transportieren. Und das gehört zur Energiewirtschaft.“
Tackmann, nicht nur Ortsvorsteher in Tornow, sondern auch Wusterhausener Gemeindevertreter, habe den „zivilen Ungehorsam“ mit angezettelt und stehe dazu, wie er sagte, um in den am Dienstag immer heftiger werdenden Wortwechsel schlichtend einzugreifen. Sein Vorschlag an den Chef der Verwaltung: Ein runder Tisch mit Vertretern der Agrarbetriebe, an dem sie für die Probleme der Anwohner sensibilisiert werden.
Erst auf Nachfrage ging Roman Blank darauf ein. Er wolle mit den Betreibern der Biogasanlagen sprechen, wenngleich von deren Seite höchstens Agieren auf freiwilliger Basis zu erwarten sei. Und ein runder Tisch werde sowieso nicht funktionieren. Burkhard Theiselmann bereut seine Aktion nicht. „Ich würde es wieder tun, jederzeit.“ Auf Flächen des Betriebes weiden auch Rinder.
Auch in Groß Welle protestieren Anwohner wegen Maistransporten
Dass die Transporte so einiges ihrer Fracht hinter sich vom Fahrtwind herabgeweht und auf den Straßen verteilt liegen ließen, geriet angesichts der Debatte an sich in Wusterhausen schon fast zur Nebensache. Nicht so im Gumtower Dorf Groß Welle, wo es dem Anwohner Thomas Niedlich am Dienstag zu viel des Guten wurde: „Ohne Abdeckung wird das trockene Häckselgut durch den Ort gekarrt und verteilt sich so auf Straße und Rasenflächen. Das alles zum Wohle der Anwohner, die den Dreck dann entsorgen dürfen“, berichtete er und machte als Verursacher die Agrargenossenschaft Kunow aus. Diese könne ihre Wintervorräte augenscheinlich nicht schnell genug ins Trockene bringen.
Auf MAZ-Nachfrage versuchte Anke Ortlieb von der Agrargenossenschaft, die Sache zu beschwichtigen: Auf den Fotos aus Groß Welle sehe die Lage dramatischer aus, als sie ist. Sie selbst habe sich im Ort ein Bild gemacht. „Da liegt mehr Laub als alles andere.“ Zudem bittet sie die Anwohner um Nachsicht wegen der trotzdem herabgefallenen Maisschnipsel: „Es ist derzeit und schon seit langem viel zu trocken, da fliegt schneller mal was durch die Luft. Wir könnten Regen gut gebrauchen.“ Zudem seien die Transporte lediglich am Dienstag und am Mittwoch erfolgt. Mehr hätten die Anwohner dort nicht zu ertragen.
Von Wolfgang Hörmann und Matthias Anke