Knut Nystedt am Anfang und Ende. Zwei mitreißende Lobgesänge des norwegischen Komponisten, der sich Zeit seines fast 100-jährigen Lebens intensiv mit Chormusik beschäftigte. Er war ein fast altmodischer Textdeuter, doch gleichzeitig ein hochmoderner Komponist, vor allem aber einer, dessen Chormusik eine breite Klangwirkung gibt. Mit feiner Prägnanz hat der Brandenburger Motettenchor am Samstagnachmittag sein Konzert mit Werken von Knut Nystedt in der Klosterkirche von Lehnin eingerahmt.
Anspruchsvolle Chorwerke mit teilweise gespickten Herausforderungen hielt auch ansonsten das rund 50-köpfige Ensemble, das als Projektchor unter dem Dirigat des Brandenburger Stadtkantors Fred Litwinski fungiert, parat. Der Auftritt galt als Finale der diesjährigen erfolgreichen Lehniner Sommermusiken sowie als Auftakt der Herbstkonzerte-Tournee, die nach Bad Belzig und Jerichow führt. In der St. Gotthardtkirche in Brandenburg wird das Ensemble am 24. September singen.
Es ist beeindruckend, welch weiten Bogen von verschiedensten Chormusik-Strömungen mehrerer Jahrhunderte Fred Litwinski und der Motettenchor in ihren Konzerten immer wieder schlagen. Für diese Saison wurde ein Programm zusammengestellt, das mancherlei Überraschungen bereithielt. So vermutete man beim Konzerttitel „Singet dem Herrn ein neues Lied“, dass die Psalmvertonung der berühmten Bach-Motette angestimmt werden soll. Doch in der Klosterkirche erklang die wenig bekannte, doch klangmächtige und wirkungsvolle Motette für zwei vierstimmige Chöre von Johann Pachelbel, einem mitteldeutschen Barockkomponisten, der primär in Organistenkreisen bekannt und beliebt ist. Sein Vokalschaffen ist leider seltener zu hören. Doch auch auf Bach musste der Zuhörer nicht verzichten. Nach dem recht unsicheren Beginn der Motette „Ich lasse dich nicht“ fand man schnell zu einem konzentrierten Singen zurück.
Ein großer Teil des Programms galt Marien-Gesängen, die zum schönsten kirchenmusikalischen Repertoire seit Jahrhunderten gehören, voller Innigkeit und Hoffnungsfreude. Manchmal haben sie auch etwas Anschmiegsames, beispielsweise beim „Ave Maria“ von Anton Bruckner, das der Motettenchor mit Warmherzigkeit vortrug oder beim schlicht-melodiösen „Salve Regina“ des italienischen Opernkomponisten Giacomo Puccini, das die Sopranistin Andrea Chudak mit inniger Anteilnahme vortrug.
Ein Höhepunkt des Konzerts war die Wiedergabe der Vertonung des Lobgesangs der Maria (Magnificat) des zeitgenössischen Komponisten Arvo Pärt. Auch in diesem Werk hat die musikalische Reduktion auf das Wesentliche des Esten das Sagen. Fred Litwinski und der Motettenchor begaben sich auf die Spur, wenn Pärt ein langsames Fortschreiten, bedachtes Stehenbleiben sowie plötzliches Innehalten vorgibt. Eine ruhige, doch berührende und insgesamt intonationssichere Interpretation kam zustande, bei der auch Andrea Chudak mit ihrer klaren, leuchtenden Stimme großen Anteil hatte.
Auch in der spätromatischen Vertonung des 130. Psalms von Heinrich Kaminski, einem Komponisten-Großmeister während der Weimarer Republik, war die Sängerin mit berührender Gestaltung prägend. Die Choristen sangen das zeitlose Werk Kaminskis sowie die harmonisch anspruchsvolle Jubel-Motette „Exultate Deo“ des Franzosen Francis Poulenc mit großer Gestaltungsfreude, dank Fred Litwinski, der den Brandenburger Motettenchor zu einem dynamisch differenziert agierenden Klangkörper zusammenfügte.
Von Klaus Büstrin