„Er war unglaublich nett und sah außerdem gut aus – beides stimmt heute immer noch“, sagt Ruth Hennig und rückt auf dem Sofa ein Stück näher an ihren Kurt. 60 Jahre ist es her, dass sich die beiden auf dem Belziger Standesamt das Ja-Wort gaben. Am Sonnabend soll das im Kreis der großen Familie gefeiert werden.
„Am meisten gefallen hat mir, dass Kurt keiner der typischen Draufgänger war, andererseits aber auch nicht gleich Besitzansprüche stellte“, sagt Ruth Hennig, die aus Eilenau in Oberschlesien stammt und als Zwölfjährige kurz nach dem Krieg ihre Heimat gen Deutschland verließ. „Als deutsches Kind hatte ich es in der Schule besonders schwer, da wollte ich auf keinen Fall bleiben“, erinnert sie sich. Mit der Falschbehauptung, dass ihre Tante ihre Mutter sei, gelang ihr die Ausreise. Die Mutter mit Ruths vier jüngeren Geschwistern traute sich diesen Schritt nicht.
Vater verschlug es nach Belzig
Da es ihren Vater nach dem Krieg nach Belzig verschlagen hatte, war Ruth, die damals noch Domogalski hieß, hier oft zu Gast. Zusammen mit Gleichaltrigen traf sie sich dann zum Ballspielen. Einer der Burschen, man ahnt es, hieß Kurt. Dem gemeinsamen Sport folgten irgendwann der erste gemeinsame Kinobesuch. Nach dem ersten Rendezvous gab’s vom Vater eine Ohrfeige, weil sie zu spät nach Hause kam.
„Na ja, wir hatten vor der Tür noch ein bisschen geknutscht“, erinnert sich Kurt Hennig, der die Komplimente gerne zurück gibt. „Natürlich war sie hübsch. Und: Sie wusste schon als ganz junges Mädchen genau, was sie wollte.“
Trotzdem kam ihr der Malergeselle mit dem Heiratsantrag zuvor. Unter einem Vorwand hatte er sie ins Standesamt gelockt, wo plötzlich das Aufgebot zur Unterschrift auf dem Tisch lag. Am 15. Oktober 1950 war die Hochzeit. „Ohne Kirche“, wie beide betonen. Denn die eigene, katholisch geprägte Erziehung wollte Ruth Hennig ihren Kindern ersparen.
Mit dem Honig kam der Spaß
Zwei Jahre später kam Sohnemann Jörg zur Welt, dem Wilko, Kurt, Karola und Uwe folgten. „Wäre nicht die Schwiegermutter gewesen, hätten wir das kaum geschafft“, blickt Ruth Hennig zurück. Sie arbeitete damals halbtags, damit das Geld reichte. Der Rat von Kollegen, es deshalb mit Bienen zu probieren, erwies sich als Glücksgriff. Denn die Arbeit mit bis zu 66 Völkern brachte durch den Honigverkauf nicht nur finanziellen Gewinn, sondern auch Spaß. Erst vor zwei Jahren haben die heute 82-Jährige und ihr ein Jahr älterer Mann das gemeinsame Hobby an den Nagel gehängt.
Dass sie beide, auch wenn sie auch mal anderer Meinung waren, nie nachtragend waren und sich stets schnell versöhnten, sehen sie als Schlüssel zu ihrem Glück.
Von Uwe Klemens