Juliane Götz, die im neuen Jugendstück des Hans-Otto-Theaters „Asip und Jenny“ der österreichischen Autorin Angela Schneider die weibliche Hauptrolle spielt, ist eine quirlige junge Frau, die sich im Gespräch manchmal selbst mit ihrem Spitznamen Jule nennt. Ihr zu einem lockeren Dutt aufgetürmtes langes Haar rahmt ein entwaffnend offenes Gesicht, das immer wieder von einem Lächeln geschmückt wird.
Beim Vorgespräch mit der MAZ steht ihr die noch frische Begeisterung der Probenarbeit ins Gesicht geschrieben. Danach befragt, was ihr denn an ihrer Rolle so gefallen würde, antwortet sie: „ Jenny ist so herrlich unkorrekt.“ Die Antwort überrascht, angesichts der dramatischen Grundstruktur dieses Stückes, in dem der afghanische Flüchtlingsjunge Asip das lebensmüde Wohlstandskind Jenny gewaltsam vor dem Sprung vom Brückengeländer ins Wasser rettet. Von nun an treffen sich die Beiden allabendlich an der Brücke und die Suizidkandidatin beginnt zu erzählen. Dabei stellt sich bald heraus, dass die so grundverschiedenen Biografien von Retter und Geretteten etliche Gemeinsamkeiten aufweisen.
Götz schwärmt von der authentischen Figurenzeichnung der beiden Jugendlichen und beteuert immer wieder, wie mitreißend die Inszenierung sei. In ihr überschwängliches Lob bezieht sie nicht nur den Darsteller des Asip, Jan Jaroszek, sondern auch die anderen an der Inszenierung Beteiligten mit ein. Der junge Regisseur Robert Neumann kann augenscheinlich bei seiner ersten Potsdamer Regiearbeit auf ein perfekt harmonierendes Team zurückgreifen. Für Götz, die inzwischen freiberuflich arbeitet, ist diese Hauptrolle der Jenny am Hans-Otto-Theater eine Rückkehr. „Hier ist schon mein zweites Zuhause“ sagt sie und es klingt nicht wie ein pflichtgemäßes Kompliment, sondern wie eine Liebeserklärung an die Stadt, die ihren Weg als Schauspielerin entscheidend bestimmte.
Aufgewachsen ist die 1987 geborene Vorpommerin auf Usedom. Hier hatte sie ganz in Blau gekleidet und auf Inlineskatern mit sechs Jahren ihren ersten Bühnenauftritt im Karnevalsverein von Korswandt. Mit 16 verwandelte sie sich zum Eiswesen bei den Vineta-Festspielen im Ostseebad Zinnowitz. Der Schubs ans Theater aber kam vom Vater, der ihr vorschlug doch das Schulpraktikum an der Vorpommerschen Landesbühne zu machen. Von jetzt an nahm das Unternehmen Schauspielberuf Fahrt auf. Einer Ablehnung an der Berliner Schule folgte 2007 der Umzug in die Hauptstadt und die Annahme zum Studium an der Babelsberger Filmhochschule.
Potsdam wurde zu Glücksort, denn noch mitten im Studium wurde sie vom Intendanten, Tobias Wellemeyer zum Vorsprechen eingeladen und ihr eine Festanstellung angeboten. Von 2009 bis 2013 war sie festes Ensemblemitglied und spielte hier so unterschiedliche Rollen wie die Hedvig in Ipsens „Die Wildente“, das Mädchen Momo oder Shakespeares Julia bevor es sie wieder in die Ferne zog. Inzwischen ist ihr auch Heilbronn, wo sie zuletzt Flauberts „Madame Bovary“ spielte, vertraut geworden. Das Potsdamer Publikum aber kann sicher sein, dass sich Juliane Götz am Mittwochabend nicht das letzte Mal beim Premierenapplaus am Hans-Otto Theater verbeugen wird.
Von Lothar Krone