Nach der Räumung der Potsdamer Fachhochschule am Donnerstagabend geht der Protest weiter. In dem Protestcamp vor dem Alten Markt haben nach Angaben der Polizei in der Nacht zum Freitag zehn Menschen übernachtet. Bis Sonntag sind weitere Anti-Abriss-Aktionen angemeldet. In der FH selbst finden am Freitag keine Veranstaltungen statt.
Alle Veranstaltungen abgesagt
Wie ein Sprecher der Fachhochschule am Freitagmorgen sagte, sind alle Veranstaltungen am Standort Alter Markt abgesagt. Prüfungen und wichtige Termine seien an den Standort Kiepenheuerallee verlegt worden. Auch die Mensa wird heute nicht wie geplant ein letztes Mal öffnen. Die geplante Werksschau wird jedoch, anders als zunächst gemeldet, stattfinden. Sie war von vornherein am neuen Standort geplant.
Abriss-Gegner sind zufrieden
André Tomczak, Anmelder des Protestcamps vor der FH und Aktivist der Initiative „Potsdamer Mitte neu denken“, ist einer von denen, die die ganze Nacht am Alten Markt verbracht haben. Drei oder vier Stunden habe er geschlafen, sagt Tomczak. Doch er zeigt am Freitagmorgen sich zufrieden. „Die Räumung ist von allen Seiten weitestgehend gewaltfrei abgelaufen, was uns alle sehr erleichtert“, sagt der Aktivist. Er habe ein besonnenes Vorgehen der Einsatzkräfte erlebt. „Niemand wurde unnötig festgehalten, es gab lediglich eine kleine Rangelei am Zugang zur Mensa.“
Kritik an der Besetzung nehmen die Aktivisten ernst. „Aber ich sehe es anders“, sagt Tomczak. „Die Leute fühlen sich verantwortlich für ihre Stadt, sie wollen die letzte Gelegenheit nutzen, einen Ort für die Stadt zu schaffen.“ Auch das Feedback von Passanten und Betroffenen sei positiv, berichten die Camper.
Wie wird es weitergehen?
Jetzt müssen die Camper entscheiden, wie es weitergehen soll. Bis Sonntag ist ihre Demonstration angemeldet und genehmigt. Ein Kulturprogramm sei gerade in Planung, heißt es. Das Fest eines Wohnprojekts in Babelsberg soll an die FH verlegt werden, auch das studentische Kulturzentrum Kuze will sich beteiligen.
Räumung am späten Donnerstagabend
Polizisten hatten das Gebäude der FH am späten Donnerstagabend nach etwa zehn Stunden Besetzung geräumt. Die Aktivisten hatten gegen den geplanten Abriss des DDR-Bauwerkes im Herbst demonstriert. Hunderte Unterstützer bildeten draußen eine Menschenkette. Gespräche zwischen Abrissgegnern, Vertretern der Stadtspitze und der FH waren zuvor gescheitert.
In Summe waren an dem Einsatz rund 200 Beamte der Polizei des Landes Brandenburg und der Polizei Berlin beteiligt, wie die Brandenburger Polizei offiziell ihren Einsatz an der FH bilanziert. In dem Bericht heißt es: „Am Donnerstagnachmittag, 13:22 Uhr wurde der Polizei bekannt, dass mehrere Personen des linken Klientels die Fachhochschule (FH) in der Friedrich-Ebert-Straße betraten.“ Bei einer Begehung stieß die Polizei dann auf Blockierer: „Im Innern weigerten sich rund 40 Personen die Räume der Mensa zu verlassen. Vor dem Haupteingang versammelten sich weitere Sympathisanten, die eine Eilversammlung anmeldeten.“
„Hohes Maß an Deeskalation und Kommunikation“
Das Polizeipräsidium habe „eine besondere Aufbauorganisation“ gebildet und den Einsatz „auf ein hohes Maß an Deeskalation und Kommunikation ausgelegt“. Die Zugänge zum Gebäude seien auf Bitten der FH gesichert worden, um ein weiteres illegales Betreten zu verhindern.
Die Polizei erwähnt „kleinere Rangeleien“ am Nachmittag: „Dabei wurde Pfefferspray eingesetzt, als mehrere Personen versuchten, unberechtigt und gewaltsam in das Gebäude zu gelangen. Ein Beamter erlitt leichte Handverletzungen, ist aber weiterhin dienstfähig.“
Für die freiwillige Räumung hatte es ein Ultimatum vonseiten der FH bis 20:30 Uhr gegeben. Nach dessen Ablauf, so die Polizei, „bat der Präsident der FH die Polizei des Landes Brandenburg um Vollzugshilfe zur Sicherung der Fachhochschule und Räumung der Liegenschaft von der aktuellen Besetzung“.
16 Personen verließen dann nach Polizeiangaben freiwillig das Gebäude. 29 blieben in der Mensa und weigerten sich zu gehen. Den Beginn der Räumung datiert die Polizei auf 22:33 Uhr. „Die Identitäten der Personen wurden festgestellt, Platzverweise erteilt und Strafanzeigen gestellt. Um 22:51 Uhr war die Räumung beendet.“
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Von Saskia Kirf, MAZonline