Ein Dach über dem Kopf? Für viele Potsdamer Studenten ist das dieser Tage ein Wunschtraum. Noch nie war es so schwer, eine bezahlbare Unterkunft zu finden. Die Durchschnittsmiete auf dem freien Wohnungsmarkt liegt bei 10,10 Euro pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Bundesweit liegt sie bei 7,97 Euro. Das Studentenwerk ist seit seiner Restplatzvergabe fast voll. 136 junge Menschen standen Anfang des Monats im Foyer des Studentenwerkes am Hauptbahnhof und hofften auf einen der letzten 41 freien Wohnheimplätze. Für die meisten endet das lange Warten freilich ohne Erfolg. Aktuell gibt es von 2833 Wohnheimplätzen in Potsdam, Brandenburg an der Havel und Wildau noch einen freien Platz. Über 3100 Studenten stehen auf der Warteliste des Studentenwerkes. Also: rein in die Wohnungsgemeinschaft (WG).
SPD unterstützt „Wohnen für Hilfe“
In der konventionellen WG leben meist mehrere junge Menschen zusammen. Mittlerweile gibt es aber die Überlegung, Initiativen zu gründen, die Menschen verschiedener Generationen zusammenbringen. „Wir unterstützen ausdrücklich das Vorhaben ’Wohnen für Hilfe’“, sagt David Kolesnyk von der SPD-Stadtfraktion. „In anderen Städten wird so bereits günstiger Wohnraum gegen alltägliche Hilfestellungen vermittelt.“ Seine Partei freue sich, dass das Studentenwerk und die Stadtverwaltung dabei seien, das Projekt voran zu bringen. Zudem fordert die SPD-Fraktion, auf der freiwerdenden Fläche, wo das Fachhochschulgebäude am Alten Markt abgerissen wird, Studentenwohnungen zu schaffen. Die CDU hält das für eine „Beruhigungspille“, wie es der Vorsitzende der CDU Potsdam, Steeven Bretz nennt. „Man könnte auch die Möglichkeiten rund um den Campus Griebnitzsee mehr nutzen, aber vor allem muss endlich das neue Wohnheim in Golm fertig werden“, so Bretz. „Es geht allerdings weniger um den Platz in Potsdam. Das Problem ist, wer den neuen Wohnraum bezahlt.“ Für ihn habe die Landesregierung aus SPD und Linke da bisher viel zu wenig gemacht. Vor allem, da sie im Koalitionsvertrag 2014 Versprechungen in diese Richtung gemacht habe. Diese seien schlicht nicht eingehalten worden.
Kurzfristige Lösungen gibt es nicht
Doch was hilft den junge Menschen jetzt? Weder SPD noch CDU haben da konkrete Ideen. Die Studenten brauchen aber jetzt ein Dach über dem Kopf. Das Quartier Hostel in Bornstedt ist da eine sehr unmittelbare Lösung. Sofort einziehen, keine Kaution. Aber auf Dauer funktioniert das auch nicht. Zu teuer und die Privatsphäre ist gleich null. Eine, die es trotzdem macht, ist die 20-jährige Luisa Kröhle. Sie hatte das Glück, eine WG gefunden zu haben, musste aber ins Hostel, weil die Uni schon angefangen hat, sie aber noch nicht ins WG-Zimmer einziehen konnte. „Ich habe mich auch auf einen Wohnheimplatz beworben, aber natürlich habe ich keinen bekommen“, erzählt sie. „Ist aber nicht schlimm, ich hatte mich drauf eingestellt.“ Eine Freundin hatte mehr Erfolg. Sie hat einen Platz bekommen, sich aber ein Jahr zuvor schon beworben.
Eine andere unmittelbare Lösung ist für das Studentenwerk die Doppelbelegung von Wohnheimzimmern. Das passiert häufig nur kurzfristig. „Ist das aber länger geplant, gibt es die Möglichkeit, mit Zustimmung des Studentenwerkes, den zweiten Studenten für 50 Euro mehr Miete im Monat bei sich wohnen zu lassen“, erläutert Peter Heiß, Geschäftsführer des Studentenwerkes Potsdam. „Zudem bieten wir aktuell 18 Zimmer als ’Pärchenzimmer’ an, um so die Fläche optimal zu nutzen, die da ist. Diese Zimmer werden derzeit noch entsprechend möbliert und ausgestattet.“ Aber auch für ihn muss das Problem freilich langfristig angegangen werden. „Perspektivisch muss dringend vom Bund und vom Land ein Hochschulsozialpakt entwickelt werden“, so Heiß. „Denn wenn Bund und Länder gemeinsam die Zahl der Studienplätze erhöhen, müssen sie auch gemeinsam die Wohnheimkapazitäten ausbauen und den Wohnheimbestand sichern.“
Asta fordert Potsdamer auf, Studenten aufzunehmen
Auch der Allgemeine Studierenden Ausschuss (Asta) der Universität Potsdam drängt auf mehr Geld vom Land für das Studentenwerk. „Der Asta fordert einen Anstieg der Wohnheimquote auf mindestens 20%“, sagt Willi Stieger, Sozialreferent im Asta. „Langfristig brauchen wir mehr Wohnungen für Studierende in Potsdam. Diese sollten unbedingt durch gemeinnützige, nicht profitorientierte Anbieter wie das Studentenwerk bereitgestellt werden.“ Doch gibt auch er zu Bedenken: „Kurzfristig kann wahrscheinlich bei diesem Thema nicht sehr viel gemacht werden. Drastische Überlegungen lehnen wir ab, da diese Projekte zusätzlich Kosten verursachen und wir das Geld lieber in dauerhafte Lösungen investieren wollen.“ Um sofortige Lösungen für wohnungssuchende Studenten zu finden, appelliert Stieger an die Potsdamer. „Menschen, die noch freien Wohnraum zu bieten haben, können gerne Übergangsweise in dieser schweren Situation ihre Tür für Studierende öffnen.“
Von Annika Jensen