Am Vormittag ist es noch ruhig bei Gisela Teut im Geschäft. Die 57-Jährige hat vor ein paar Stunden Frühstück für einige Männer aus der Landwirtschaft gemacht, ein Kunde hat leere Flaschen abgegeben und ein paar Flaschen Bier gekauft. „Es ist schon hart“, sagt Gisela Teut. Früher war weitaus mehr los im Geschäft. Da führte sie Kleidung, es gab Werkzeug, ein bisschen Landwirtschaftsbedarf und regionale Spezialitäten. „Wir haben sogar eine kleine ,Grüne Woche’ veranstaltet, mit Verkostung von Wurst, und Brot, Honig und Likör“, erinnert sich Gisela Teut. Jetzt ist sie froh, wenn sich mal der eine oder andere Kunde mit mehr eindeckt als nur Brötchen und vielleicht der Zeitung.
Gisela Teut übernahm das Geschäft von der insolventen BHG
Bis 2007 war das Geschäft am Steindamm in Groß Pankow eine Filiale der Bäuerlichen Handelsgenossenschaft Pritzwalk. Dort hatte Gisela Teut früher gearbeitet. „Dann kam die Insolvenz. Was sollte ich machen?“ sagt Gisela Teut. Sie übernahm das Geschäft, führte es gemeinsam mit ihrem Mann Burkhard unter dem Namen BTG weiter. „Am Anfang lief es ganz gut, aber mit der Zeit wurde es schlechter“, sagt Gisela Teut. Damals hatten sie sogar noch Auszubildende und insgesamt sechs Mitarbeiter. Heute bietet das Geschäft noch Arbeit für anderthalb Stellen, ihre eingeschlossen. Inzwischen arbeitet Gisela Teut als Angestellte ihres Mannes, der seinerseits einen Imbisswagen in Perleberg betreibt.
Viele kaufen auswärts ein oder im Internet
„Die meisten kaufen dort ein, wo sie arbeiten, oder fahren in die großen Märkte“, sagt Gisela Teut. Junge Leute kaufen hingegen viel im Internet. Das bekommt Gisela Teut mit, weil sie Dienstleister des Paketdienstes Hermes ist und Rücksendungen annimmt. „Es reicht, um über die Runden zu kommen, aber das geht nur, wenn wir uns jeden Tag neu erfinden“, sagt Gisela Teut.
Das Geschäft wieder neu erfunden
Gerade hat sie das wieder getan. Einige Frauen aus dem Groß Pankow und den Nachbarorten sind verwitwet. Mal gemeinsam, mal einzeln kamen sie zum Einkaufen in das Landwarenhaus Teut, wie das Geschäft jetzt heißt. „Ich habe sie angesprochen und ermuntert, sich doch mal bei einer Tasse Kaffee und Kuchen hier zu treffen“, sagt Gisela Teut. Die Damen waren zunächst skeptisch, dann sagten sie sich: Warum eigentlich nicht? Platz genug für einen Kaffetisch ist im Geschäft, das schlanke Sortiment hat auch seine Vorteile.
Angeregtes Plaudern und das Klappern von Kaffeetassen
Am Mittwochnachmittag ist angeregtes Plaudern und das Klappern von Kaffeetassen aus dem großen sonnedurchfluteten Raum mit dem Schaufenster zu hören. Monika Hahlweg, Renate Feuerherd, Renate Wit, Gundula Knitter, Erika Effland, Heidi Jäger, Gundi Reußner und Ingrid Reinke sitzen im Landwarenhaus und klönen. Der Bürgermeisterwahlkampf wird behandelt, der Neubau der B 189 und dass früher vieles besser war. „Wir hatten alles in Pankow“, erinnert sich Ingrid Reinke. „Es gab einen Fleischer, einen Bäcker vier Gaststätten, und sogar ein Kino“, ergänzt Monika Hahlweg.
Früher war mehr Zusammenhalt im Dorf
Vor allem aber gab es einen Zusammenhalt im Dorf. Es wurde gemeinsam gearbeitet und gefeiert, wie es eben so üblich war, früher. „Heute ist jeder, der Arbeit hat, froh, wenn er nach Hause kommt und die Tür zumachen kann“, ist Renate Wit überzeugt. Die Damen sind noch vom alten Schlag, sei reden gern miteinander. Nur wo und wann? Da kam die Idee von Gisela Teut zur rechten Zeit. Sie hat ihren Stammkundinnen einen regelrechten Brief geschrieben „Unter jedem Dach viel Weh und Ach“ stand darüber. Anfangs hatten die Damen Bedenken, dann fassten sie sich ein Herz und trafen sich im Landwarenhaus Teut.
Die meisten sagen „Konsum“
„Wir sind ’ne richtig coole Damenrunde“, findet Heidi Jäger. Einige haben schon vorher bei Busreisen mitgemacht, andere waren Kolleginnen. Jetzt treffen sie sich zum Kaffee, vielleicht soll auch mal Karten gespielt werden, am liebsten Rommé. Gisela Teut ist froh über den Besuch. Sie weiß, wie wichtig ein Treffpunkt ist. „Die meisten sagen sowie so Konsum“, sagt sie.
Von Andreas König