Berliner Abgeordnetenhaus beschließt harte Linie gegen Hohenzollern

Das Berliner Abgeordnetenhaus hat am Donnerstag die Senatsverwaltung auf eine harte Linie in der Auseinandersetzung mit den Hohenzollern um mögliche Entschädigungen, Rückgabe von Kulturgütern und den Umgang mit Leihgaben verpflichtet. Der Beschluss, der mit den Stimmen von SPD, Grünen, Linken und unter Enthaltung der FDP-Abgeordneten zustande kam, verlangt vom Senat, alles für eine zügige gerichtliche Klärung der Ansprüche zu tun – diese seien aller Wahrscheinlichkeit nach ungerechtfertigt, weil die Hohenzollern beim Aufstieg der Nationalsozialisten kräftig mitgeholfen hätten. Dafür jedenfalls sprächen viele Indizien, heißt es in dem Beschluss. Ferner soll der Senat alles dafür tun, „umfassende Transparenz über den Gegenstand und Verlauf der bisherigen Vergleichsgespräche“ zu schaffen. Das heißt: „Offenlegung sämtlicher Forderungen der Familie von Preußen betreffend Kulturgut, das sich in Berliner Museen, Depots, Archiven und anderen Orten befindet.“ Wohnrecht in Immobilien „nicht verhandelbar“: Insbesondere solle der Senat klar machen, dass jegliche Forderungen nach Wohn- und Nutzungsrechten ehemaliger Immobilien durch die Familie Hohenzollern genauso „nicht verhandelbar“ seien wie eine „institutionelle Mitsprache der Familie von Preußen in öffentlichen Kultureinrichtungen“, in denen sie als Leihgeberin von historischen Objekten fungiere. Mit dem Beschluss setzt sich die Mehrheit des Abgeordnetenhauses „mit Nachdruck für die freie Ausübung der Wissenschafts-, Presse- und Meinungsfreiheit“ ein – eine Anspielung auf eine Reihe von Klagen des Hohenzollern-Chefs Georg Friedrich Prinz von Preußen gegen Journalisten, Historiker und Politiker. Brandenburgs Linke hatte einen ähnlichen Antrag (“Keine Geschenke den Hohenzollern“) in den Brandenburger Landtag eingebracht. Der hat sich aber noch nicht positioniert. Niederlage an der juristischen Front: An der juristischen Front läuft es auch gerade nicht gut für Georg Friedrich. Sein Anwalt Markus Hennig unterlag am Dienstag vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg in einem Streit mit dem Historiker und Hohenzollern-Experten Stephan Malinowski. In dem Verfahren ging es unter anderem um die auf der Website der Hohenzollern verbreitete Behauptung, Malinowski würde seine „eigenen Fakten erfinden„. Nach dem Spruch des Gerichts darf der Anwalt dem in Edinburgh lehrenden Wissenschaftler nicht mehr Desinformation vorwerfen. Vor dem Oberlandesgericht hatte bereits das Landgericht Hamburg 2020 in weiten Teilen im Sinne des Historikers geurteilt. Dagegen war Anwalt Hennig in Berufung gegangen. Malinowski ist seit 2015 Ziel juristischer Schritte der Hohenzollern. Grund ist seine Rolle als Gutachter in einem Entschädigungsverfahren, in dem sich das Land Brandenburg und die Nachfahren der ehemaligen preußischen Herrscherfamilie streiten. Die Familie will für Immobilien, historische Gegenstände und Kunst – alles zwischen 1945 und 1949 in der Sowjetischen Besatzungszone enteignet – vom Staat entschädigt werden. Allerdings schließt das einschlägige Bundesgesetz solche Familien aus, die Hitler maßgeblich beim Aufstieg zur Macht geholfen haben. Entsprechend ablehnend hat das Land zunächst entschieden, wogegen die Hohenzollern rechtlich vorgehen. Malinowski kommt in einem Gutachten für das Land zu dem Ergebnis: Hohenzollern Ex-Kronprinz Friedrich Wilhelm hat Hitler unterstützt, und zwar in erheblichem Umfang. Es geht Entschädigung in Millionenhöhe, deshalb ist die negative Bewertung aus der Feder des Forschers den Dynastie-Nachfahren ein Dorn im Auge. Hohenzollern-Chef zeigte zuletzt Ansätze von Selbstkritik: Die in Hamburg jetzt ausgetragene Auseinandersetzung betrifft den inhaltlichen Kern jener anwaltlichen Offensive, welche die Hohenzollern mittels ihres Anwalts gegen Dutzende Wissenschaftler, Publizisten und Politiker losgetreten haben. Dabei geht es unter anderem darum, ob die Hohenzollern gewisse Mitspracherechte bei der musealen Präsentationen ihrer Familiengeschichte gefordert haben. Die Hohenzollern haben laut „Tagesspiegel“ 80 Unterlassungsklagen angestrengt – und behaupten, sie würden nur gegen Falschaussagen vorgehen, nicht aber Wissenschafts- und Meinungsfreiheit angreifen. In dieser Sache steht noch eine Entscheidung des Berliner Kammergerichts aus. Zuletzt hatte sich das derzeitige Familienoberhaupt Georg Friedrich unter anderem in der New York Times leicht selbstkritisch zu der Klagewelle gegen Kritiker geäußert. Seine Hand bleibe gegenüber den Wissenschaftlern ausgestreckt, sagte der der Haus-Chef in der „Märkischen Oderzeitung“ – das gelte auch für Stephan Malinowski. Von Ulrich Wangemann