Biontech, Astrazeneca, Moderna, Sputnik: Wie sich die Corona-Impfstoffe unterscheiden

Die Europäische Kommission hat nach den Präparaten von Biontech/Pfizer und Moderna auch den Impfstoff von Astrazeneca zugelassen. Ein viertes Vakzin – von Johnson & Johnson –wird von der Europäischen Arzneimittelbehörde derzeit geprüft und könnte im März zugelassen werden. Sie alle sollen bestmöglich vor dem Coronavirus schützen. Wissenschaftler auf der ganzen Welt arbeiten unter Hochdruck an Impfstoffen gegen das Coronavirus. Knapp 250 Impfstoffprojekte seien angelaufen, sagt der Verband Forschender Arzneimittelhersteller. Doch wir wirken die Impfstoffe der verschiedenen Hersteller? Ein Überblick. Wie sind die Impfstoffe gebaut? Die Präparate von Biontech/Pfizer und Moderna sind sogenannte mRNA-Impfstoffe. Das „m“ steht für messenger (Bote) und „RNA“ für Ribonucleic acid (Ribonukleinsäure). Die mRNA ist die Bauanleitung für einen Bestandteil des Covid-19-Erregers und gelangt mit Hilfe winziger Fetttröpfchen in die Körperzellen. Diese stellen dann das Virusprotein her, gegen das der Körper seine Immunantwort entwickelt. Das Astrazeneca Präparat mit dem Wirkstoff AZD1222 hingegen beruht auf der abgeschwächten Version eines Erkältungsvirus von Schimpansen. Es enthält genetisches Material eines Oberflächenproteins, mit dem der Erreger Sars-CoV-2 an menschliche Zellen andockt. Auch hier bilden die Zellen mit Hilfe der Bauanleitung das Protein und der Körper entwickelt eine Immunantwort dagegen. „Sputnik V“ aus Russland gilt als weltweit erster Corona-Impfstoff, eine Zulassung in der EU wurde bislang noch beantragt. Das Vakzin enthält eine nicht replikationsfähige Adenovirus-Variante, also ein nicht vermehrungsfähiges harmloses Schnupfenvirus. Es handelt sich um einen sogenannten Vektorimpfstoff. Dieser Impfstofftyp basiert auf Viren als Träger, die die Erbinformation für ein Protein des Zielerregers in den Körper des Geimpften transportieren, wo sie abgelesen werden und das Impfantigen gebildet wird. In das Genom dieser Vektorviren hat man die Erbinformation für das Spike-(S-)Protein des Coronavirus eingefügt und sie dann so verändert, dass sie sich nicht mehr vermehren können. Zu den Vektorviren-Impfstoffen zählen auch die Präparate von Johnson & Johnson aus den USA und CanSino aus China. Die Impfstoffe von Novavax aus den USA und CoronaVac von Sinovac Biotech aus China sind sogenannte Totimpfstoffe mit gentechnisch hergestelltem Virusantigen. Der deutsche Hersteller Curevac arbeitet an einem weiteren mRNA-Impfstoff. Johnson & Johnson dürfte der vierte Impfstoff-Anbieter auf dem Europäischen Markt werden. Der US-Hersteller hat Mitte Februar den Antrag auf Zulassung in der EU gestellt. Die Besonderheit: Voraussichtlich reicht eine Dosis für die Immunisierung. Die drei anderen Vakzine müssen zweimal gespritzt werden. Hersteller ist die Johnson & Johnson-Tochter Janssen-Cilag International. Der Impfstoff bereitet den Körper darauf vor, sich selbst gegen Covid-19 zu wehren und regt die Produktion von Antikörpern an. Wie gut wirken die Vakzine? Das US-Unternehmen Moderna hatte Ende November 2020 mitgeteilt, sein Impfstoff besitze eine Wirksamkeit von 94 Prozent – gemessen 14 Tage nach der zweiten Dosis. Comirnaty, der Impfstoff von Biontech und Pfizer, zeigte eine fast identische Wirksamkeit von 95 Prozent – gemessen sieben Tage nach der zweiten Dosis. Das bedeutet, dass unter den Probanden der geimpften Gruppe 95 Prozent weniger Erkrankungen auftraten als unter denen der Kontrollgruppe, denen ein Placebo gespritzt wurden. Das Mittel von Astrazeneca wies in Studien eine geringere Wirksamkeit von etwa 70 Prozent auf, ist jedoch vergleichsweise leicht zu handhaben. Die EU-Arzneimittelagentur hat das Mittel für Personen ab 18 Jahren freigegeben. Eine Altersgrenze nach oben nannte sie nicht, wies aber darauf hin, dass es noch nicht genügend Daten über die Wirksamkeit des Astrazeneca-Präparats bei älteren Menschen gebe, um zu beurteilen, wie effektiv es bei diesen sei. Die Ständige Impfkommission (Stiko) am Robert Koch-Institut hat aber von der Verwendung des Impfstoffs von Astrazeneca bei Menschen über 65 Jahre abgeraten, weil die Wirksamkeit bei älteren Personen nicht ausreichend belegt sei. Bei den Vakzinen von Biontech/Pfizer und Moderna gibt es hingegen belastbarere Daten zu Senioren. So schützt das Mittel von Biontech einer Studie zufolge ältere Menschen ähnlich gut wie jüngere, bei Moderna liegt die Wirksamkeit etwas unter den genannten 94 Prozent. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der ab kommender Woche als Arzt in einem Leverkusener Impfzentrum, wird sich den Impfstoff von Astrazeneca spritzen lassen. Er und sein Team wollten „ein klares Bekenntnis zu Astrazeneca abgeben“, so Lauterbach, „das ist ein sicherer und guter Impfstoff.“ Die Empfehlung der Stiko, den Impfstoff nur für unter 65-Jährige einzusetzen, habe „offenkundig dem Impfstoff geschadet“, kritisierte Lauterbach. „Viele sehen ihn unberechtigterweise als Impfstoff zweiter Klasse.“ Die Wirksamkeit von Sputnik V“ liegt nach Herstellerangaben bei 95 Prozent. Der Stoff von Johnson& Johnson bietet laut Hersteller vier Wochen nach Verabreichung einen 66-prozentigen Schutz vor mittleren oder schweren Covid-19- Krankheitsverläufen. Die Wirksamkeit gegen schweren Erkrankungen wurde mit 85 Prozent angegeben. Lesen Sie auch: Umfrage zeigt: Bereitschaft zur Corona-Impfung steigt Können sich Brandenburger aussuchen, welchen Corona-Impfstoff sie bekommen? Spahn zu Impfstoff-Knappheit: „Wir gehen noch durch mindestens zehn harte Wochen“ Wie oft wird geimpft? Alle drei bereits in der EU zugelassene Impfstoffe erfordern zwei Wirkstoffgaben. Bei Biontech/Pfizer bekommt der Patient im Abstand von etwa drei Wochen jeweils eine Dosis, beim Produkt von Moderna sind es rund vier, bei Astrazeneca mindestens vier Wochen. Bei beiden Impfungen sollte stets dasselbe Präparat zum Einsatz kommen. Bei einem Wechsel des Präparats könne die volle Wirksamkeit derzeit nicht gewährleistet werden, teilte das Paul-Ehrlich-Institut mit. Es gebe noch keine entsprechenden Untersuchungen. Comirnaty muss vor dem Spritzen mit einer Natriumchlorid-Lösung verdünnt werden. Nach Biontech-Angaben ist der verdünnte Impfstoff maximal sechs Stunden bei zwei bis 30 Grad haltbar. Er könne also bei Bedarf schon im Impfzentrum verdünnt und dann auch als vorbereitete Dosis in der Spritze vorsichtig transportiert werden. Das Produkt von Moderna wird gebrauchsfertig geliefert. Gespritzt wird jeweils in den Oberarm-Muskel. Der Wirkstoff könne für einige Stunden im Muskel bleiben und der Körper habe so Zeit, ihn zu erkennen und darauf zu reagieren. Bei dem Impfstoff „Sputnik 5“ ähnelt sich die Anwendung: Auch hier gibt es zwei Schutzimpfungen. Zwischen ihnen liegen in der Regel drei Wochen. Welche Nebenwirkungen gibt es? Dem Robert Koch Institut zufolge waren Schmerzen an der Einstichstelle, Abgeschlagenheit, Kopf- und Gelenkschmerzen sowie Schüttelfrost die nach den bisherigen Impfungen am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen. Im Allgemeinen waren diese aber schwach bis mäßig und klangen nach kurzer Zeit wieder ab. Berichte über schwere unerwünschte Folgen gibt es bei allen drei in der EU zugelassenen Vakzinen bisher nicht. Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Impfung auch für Menschen mit Immunschwäche – also zum Beispiel bei HIV-Infektionen, Krebserkrankungen oder nach Organtransplantationen. Wer soll nicht geimpft werden? Der Biontech/Pfizer-Impfstoff ist für Menschen ab 16 Jahren vorgesehen. Der von Moderna ist ab 18 Jahren gedacht, obwohl das Unternehmen kürzlich damit begonnen hat, seinen Impfstoff bei 12- bis 17-Jährigen zu testen. Über die Wirkung des Astrazeneca-Präparats auf Kinder und Jugendliche ist nach Angaben der britischen Arzneimittelbehörde bisher nichts bekannt. Eine Impfempfehlung für Kinder ist laut Robert Koch Institut „noch nicht absehbar“. Studien dazu seien jedoch geplant. Der Impfstoff „Sputnik V“ wird in Russland nur an Personen unter 60 Jahren verabreicht. Einigkeit besteht darin, wer nicht geimpft werden soll: Menschen mit einer allergischen Reaktion auf einen der Inhaltsstoffe oder mit schweren allergischen Reaktionen nach einer vorherigen Dosis. Schützen die Impfstoffe auch vor Varianten des Virus? Das ist noch nicht abschließend geklärt, allerdings sind die Hersteller Moderna und Biontech/Pfizer zuversichtlich. Erste Tests deuten darauf hin, dass ihre Impfstoffe auch vor den beiden zunächst in Großbritannien und Südafrika nachgewiesenen Mutanten schützen. Allerdings stellten die Unternehmen auch fest, dass Geimpfte gegen die Variante aus Südafrika offenbar eine schwächere Immunantwort aufbauen. Die Hersteller beobachten die Entwicklung sehr genau. Man könne den Impfstoff gegebenenfalls anpassen, teilten Pfizer und Biontech mit. Moderna will unter anderem die Wirkung einer zusätzlichen Auffrischungsdosis testen. Erste Ergebnisse einer klein angelegten Studie wiesen nach Angaben der Oxforf-Universität jüngst darauf hin, dass das Astrazeneca-Vakzin bei Infektionen mit der südafrikanischen Corona-Variante nur „minimalen Schutz“ gegen leichte Verläufe der Krankheit Covid-19 bietet. An der Studie, die noch nicht unabhängig geprüft wurde, hatten sich etwa 2000 gesunde und junge Menschen beteiligt. Das Risiko einer schweren Erkrankung sei darin nicht erfasst worden. Die Studienteilnehmer gehörten wegen ihres jungen Alters nicht zu Risikogruppen für schwere Verläufe von Covid-19. Die Entwickler des Oxford/Astrazeneca-Vakzins erklärten, sie gingen davon aus, bis zum Herbst über einen verbesserten Impfstoff zu verfügen, der auch einer infektiöseren, zuerst in Südafrika entdeckten Virus-Variante gerecht wird. Lesen Sie auch: Arbeitgeberpräsident attackiert Impfstoffhersteller: “Manche erfüllen nicht das Bild des ehrbaren Kaufmanns” Impfstoffe und Mutationen: WHO sieht Europa zwischen Hoffen und Bangen Corona im Krankenhaus: Krankenschwester erzählt von ihren Erlebnissen Wie werden die Impfstoffe gelagert? Der Impfstoff von Biontech/Pfizer wird bei minus 70 Grad aufbewahrt. Beim Moderna-Impfstoff muss es mit etwa minus 20 Grad Celsius im Vergleich nicht ganz so kalt sein. Ein großer Vorteil bei Astrazeneca ist, dass man das Vakzin bei Kühlschranktemperaturen von zwei bis acht Grad lagern kann. Der Impfstoff „Sputnik 5“ wird bei minus 28 Grad im Kühlschrank gelagert. Unterschiede gibt es auch nach dem Auftauen: Der Pfizer-Impfstoff kann dann im Kühlschrank gelagert, muss aber innerhalb von fünf Tagen aufgebraucht werden. Der Moderna-Impfstoff ist 30 Tage bei Kühlschranktemperatur und zwölf Stunden bei Raumtemperatur stabil. Wie teuer sind die Mittel? Die Preise für die neuartigen mRNA-Impfstoffe liegen vermutlich weit höher als bei dem Mittel von Astrazeneca. Die belgische Staatssekretärin Eva De Bleeker hatte die bisher geheim gehaltenen Preise zeitweise auf Twitter veröffentlicht. Demnach kostet eine Dosis des Moderna-Impfstoffs umgerechnet rund 15 Euro, eine von Biontech/Pfizer 12 Euro und eine von Astrazeneca nur 1,78 Euro. Der Tweet wurde später gelöscht. Von MAZonline