Corona: Brandenburg will Patienten nach Berlin verlegen

Brandenburg wird angesichts drohender Engpässe in Krankenhäusern, vor allem im Süden des Landes, andere Bundesländer um Hilfe bitten. Wie Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Donnerstag im Landtag sagte, werden 51 Covid-19-Patienten aus Brandenburg am Freitag nach Berlin verlegt. Das habe sie mit ihrer Berliner Amtskollegin Dilek Kalayci (SPD) kurzfristig vereinbart. Die Patienten, die verlegt werden, seien derzeit im Klinikum Niederlausitz in Senftenberg, im Städtischen Krankenhaus Eisenhüttenstadt, im Cottbuser Carl-Thiem-Klinikum und weiteren Einrichtungen in Dahme-Spreewald und Elbe-Elster untergebracht. „In den südlichen Kreisen ist die Lage in den Krankenhäusern ausgesprochen ernst“, betonte Nonnemacher. Von dort sei ein dringender Hilfebedarf „wegen erschöpfter Kapazitäten“ angezeigt worden. Einige Landräte im Süden Brandenburgs seien kurz davor, den Katastrophenfall auszurufen. Es gebe bereits jetzt die Notwendigkeit, zwischen den Kliniken im Land Patienten zu verlegen. Nach Angaben von Nonnemacher steht das neu errichtete Not-Krankenhaus am Messegelände in Berlin allerdings noch nicht zur Verfügung. Das sei aufgrund von Personalmangel und einem hohen Krankenstand bei Ärzten und Pflegekräften noch nicht eröffnet, so die Ministerin. Es werde geprüft, den sogenannten Kleeblatt-Fall für Brandenburg auszurufen, teilte sie mit. Das bedeutet, dass an Covid-19 erkrankte Intensivpatienten auch über Bundesländergrenzen hinweg verlegt werden. Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bilden ein solches „Kleeblatt“. Auf die Verteilung hatten sich die Länder bundesweit geeinigt. Der Transport der Patienten soll per Hubschrauber und Rettungswagen erfolgen. Massenanfall an Covid-19-Patienten: Die Ministerin informierte, dass in Brandenburg inzwischen der sogenannte MANV-Fall ausgerufen wurde, der „Massenanfall von Verletzten“. Allerdings handele es sich nicht um Verletzte, sondern um Covid-19-Erkrankte. Dadurch sei es möglich, sich bei Verlegungstransporten besser abzustimmen und auf Einheiten des Katastrophenschutzes zurückzugreifen. Diese würden auch in Anspruch genommen, so die Ministerin. „Uns stehen noch schwierige Zeiten bevor, weil mit einem erheblichen Ansteigen der Patientenzahlen zu rechnen ist, was uns an Kapazitätsgrenzen bringen kann“, sagte sie. Der verfügte scharfe Corona-Lockdown, der zunächst bis zum 10. Januar gelten soll, wurde am Donnerstag vom Landtag im Nachhinein bestätigt. Die Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und Grünen stimmten für die neue Verordnung, die AfD lehnte sie ab, während sich die Linksfraktion und die Freien Wähler enthielten. AfD-Fraktionschef Christoph Berndt forderte eine Aufhebung des Lockdowns und mehr Schutz gefährdeter Gruppen. «Der verschärfte Lockdown ist nicht alternativlos», sagte er. Seit Mittwoch gelten Ausgangsbeschränkungen, Läden außer für Dinge des täglichen Bedarfs sind geschlossen, Alkoholtrinken ist in der Öffentlichkeit verboten. Der Landtag hatte am Dienstag beschlossen, dass er sich stärker beteiligen kann, wenn die Landesregierung neue Corona-Regeln verkündet hat. Damit ist auch ein Widerspruch möglich. Die Zahl der Neuinfektionen ist am Donnerstag auf einen neuen Höchstwert von 1021 Fällen gestiegen. Eine Verlagerung von Patienten nach Sachsen sei nicht möglich, weil dort katastrophale Zustände herrschen. In drei Landkreisen sind die Inzidenzwerte über 600 Neu-Infektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche gestiegen. Dort würde deswegen über eine Abriegelung der Landkreise nachgedacht. Land sucht freiwillige Helfer: Da immer mehr Krankenhäuser und Pflegeheime in Brandenburg an Grenzen geraten, hat Brandenburg nun an freiwillige Helfer appelliert, die Einrichtungen bei den Schnelltests zu unterstützen. „Weil die Personaldecke in den Einrichtungen durch Ausfälle eng ist und der Fokus unbedingt weiter auf einer guten Versorgung von Bewohnerinnen und Bewohnern liegen muss, rufen wir auch Freiwillige auf, Pflegeheime zu unterstützen“, sagte Nonnemacher. In jedem vierten Pflegeheim in Brandenburg gibt es inzwischen Corona-Fälle. Von Torsten Gellner und Igor Göldner