Covid-19-Simulator: So könnte sich die Corona-Pandemie in Brandenburg weiter auswirken

Restaurants, Theater und Fitness-Studios müssen geschlossen bleiben, in Schulen ist zum Teil aber nicht einmal überall eine Maske erforderlich. Weihnachten-Feiern wird wohl zu zehnt und mehr erlaubt sein, derzeit dürfen sich lediglich fünf Personen aus zwei Haushalten zum Essen verabreden. So richtig überzeugend wirkt das nicht, was die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten am Mittwoch beschlossen haben, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Ist die Lage doch weniger dramatisch, wenn es nicht einmal notwendig erscheint, die Schulklassen zu halbieren? Unstrittig ist: Die Pandemie breitet sich aus. Die täglichen Infektionszahlen sprechen eine deutliche Sprache. Doch woran es liegt und was am besten dagegen hilft, kann von Ort zu Ort unterschiedlich sein. Und auch die Wissenschaft ist sich nicht immer einig. Der Lockdown im Frühjahr hat dass Schlimmste verhindert: Gewiss ist jedoch: Der Lockdown im Frühjahr hat das Schlimmste verhindert. Nur den will derzeit niemand wiederholen. Zu drastisch waren nicht nur die wirtschaftlichen Folgen, sondern auch die Belastung für die Bürger. Was also wäre zu tun? Statistiker und Mathematiker können zumindest Modelle entwickeln, um den Verlauf der Pandemie nachzuvollziehen und Wahrscheinlichkeiten zu berechnen. Was würde passieren, wenn ...? An der Universität Saarbrücken haben Forscher ein Simulationsmodell entwickelt, mit dessen Hilfe versucht wird, Prognosen zur Ausbreitung von Corona in den einzelnen Bundesländern zu entwickeln und zugleich abzuschätzen, welche Auswirkungen bestimmte Maßnahmen, wie die Schließung von Restaurants oder Theatern haben könnten. Die Daten werden wöchentlich neu berechnet: Der Covid-19-Simulator wird wöchentlich aktualisiert und ist online abrufbar. Dafür füttern die Forscher ihre Computer regelmäßig mit neu verfügbaren Daten über das Infektionsgeschehen und Maßnahmen dagegen. Einer der wichtigsten Orientierungswerte, mit denen die saarländischen Forscher arbeiten, ist die sogenannte Reproduktionszahl R. Damit messen die Statistiker grob gesagt, wie viele gesunde Menschen ein mit Covid-19 erkrankter Patient im Durchschnitt ansteckt. Liegt der Wert höher als eins, das heißt, wenn mehr als eine Person angesteckt wird, ist absehbar, dass die Anzahl der Infizierten rasant steigt. Liegt er unter eins, ist das ein Signal dafür, dass die Pandemie langsam in den Griff zu bekommen ist. Die Reproduktionszahl ist freilich nicht der einzige Wert, um den Pandemieverlauf zu messen. Er ist auch nicht absolut verlässlich. Denn seine Aussagekraft hängt davon ab, wie häufig getestet wird. Je häufiger, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass mehr Erkrankungen festgestellt werden. Dann ist es möglich, dass der R-Wert im Vergleich zu vergangenen Messungen überproportional ansteigt, obwohl sich das Infektionsgeschehen gar nicht stärker ausbreitet. Durch die Schulschließungen wurde der R-Wert deutlich gesenkt: Außerdem enthält er eine gewisse Unschärfe, weil eine infizierte Person schon jemanden anstecken kann, bevor sie selbst Krankheitssymptome zeigt und insofern als Corona-Fall erkannt wird. Die Aussagekraft des R-Wertes hinkt also dem realen Geschehen etwas hinterher. Er muss rückwirkend korrigiert werden. Hilfreich ist der Wert trotzdem. Und die Ergebnisse der Saarbrücker Forscher sind beeindruckend. Die Schulschließungen im Frühjahr haben den Basisreproduktionswert demnach im Durchschnitt um circa 31 Prozent von 2,78 auf 1,92 gesenkt. Anstatt etwas mehr als zweieinhalb Personen hat ein Kranker dadurch nur noch knapp zwei Personen angesteckt. Die Kontaktverbote im März haben den Wert auf 1,1 gedrückt. Bis zur Wiedereröffnung von Schulen, Geschäften, Restaurants und Kultureinrichtungen im Mai war er bundesweit auf 0,636 gesunken. Das war der Moment der Entwarnung. Doch anschließend registrierten die Forscher erneut Anstiege – auf 1,55 Mitte Oktober. Der Covid-19-Simulator wird von Forschern der Universität Saarbrücken wöchentlich aktualisiert. Die Wissenschaftler erfassen die aktuellen Infektionen auf Basis der Daten des Robert-Koch-Instituts und berechnen mittels eines mathematischen Modells denkbare Entwicklungen. Die Prognosen werden für jedes Bundesland getrennt erstellt. Im Internet ist der Covid-19-Simulator hie r zu finden. Welche Auswirkungen die Veränderungen des R-Wertes für die Lage in den Krankenhäusern Brandenburgs haben könnte, haben die Forscher in einer Modellrechnung für jeden Landkreis simuliert. Je nachdem, ob der R-Wert auf dem aktuellen Stand verharrt, sich leicht senken lässt oder etwas steigt, lässt sich in etwa die Auslastung der zuständigen Krankenhäuser vorhersagen. Man kann also ganz genau sehen, was in den Kliniken passiert, wenn die Politik das Falsche tut. Lesen Sie dazu auch: Brandenburger Kabinett beschließt verschärften Teil-Lockdown: Tourismus-Verbot bleibt bestehen Corona-Newsblog: Brandenburg lockert Kontaktbeschränkungen nur über die Weihnachtstage Von Mathias Richter