DLRG-Sprecher Daniel Keip gibt Tipps zum Eisbaden in Brandenburg

Sie tragen zur Badehose gern Pudelmütze, die Kälte scheint ihnen aber sonst nicht viel auszumachen. Die Rede ist von Eisbadern, von denen es auch in Brandenburg immer mehr gibt. DLRG-Sprecher Daniel Keip über die Risiken und den Segen des Eisbadens. Herr Keip, waren Sie heute schon Eisbaden? Daniel Keip: Nein, ich nicht. Ich bin nämlich kein Eisbader. Mir ist das Risiko zu hoch. Das sollte man nämlich nur machen, wenn man sich gesundheitlich voll fit fühlt und das auch trainiert hat. Jetzt einfach mal aus der Kälte in die Kälte zu springen, wäre nicht nur leichtsinnig, sondern sogar lebensgefährlich. Ich höre daraus, dass es nicht grundsätzlich verkehrt ist. Nein, das Eisbaden zu verteufeln wäre falsch. Das kann genauso abhärten und das Immunsystem anregen, wie das auch der Saunagang tut. Grundsätzlich sollte man sich aber bewusst sein, dass man den Körper erheblichem Stress aussetzt –und diesen Stress sollte der eigene Körper auch verkraften können. Und woher weiß ich, dass er es verkraftet? Da ist ein vorhergehendes Gespräch mit dem Hausarzt immer sinnvoll. Es ist nämlich auch klar, dass sich nicht jeder grundsätzlich diesem Kälteschock aussetzen kann. Langsam ins Wasser gehen, an die Kälte gewöhnen: Und wie bereite ich mich vor, wenn ich die Erlaubnis habe? Auf gar keinen Fall dürfen Sie einfach so ins kalte Wasser springen. Sie sollten zuvor den Körper erst ein wenig anfeuchten und dann langsam ins Wasser gehen und sich so an die Kälte gewöhnen. Wenn man dann merkt: Das ist nichts für einen, dann sollte man sich auch zu nichts zwingen. Man sollte da schon seine eigenen Fähigkeiten einschätzen und einordnen können. Es ist – wie beim Schwimmen allgemein – immer die größte Gefahr, dass man die eigenen Kräfte überschätzt und die Gefahr des Wasser und der Kälte unterschätzt. Wenn man sich aber mit etwas Vernunft dem kalten Element nähert, dann ist Eisbaden eigentlich nicht gefährlich. An welchen Stellen sollte man ins Eiswasser gehen? Zunächst ist ganz wichtig: Gehen Sie niemals alleine Eisbaden. Es sollten mindestens drei Eisbader, am besten mehr Menschen sein. Einige sollten immer draußen bleiben und bereit sein, falls vielleicht doch einer einen Schock erleidet. Dann ist ganz wichtig, dass man an den Rändern der Seen ins Wasser geht. Unsinnig wäre es, auf den gefrorenen See zu laufen, ein Loch ins Eis zu schlagen und dort hineinzuhopsen. Man würde sich in unglaubliche Gefahr bringen, denn was unten im Wasser ist, weiß keiner. Außerdem würde man dadurch auch seine Retter in Gefahr bringen. Also: Grundsätzlich die öffentlichen Badestellen nutzen, wo das Eis auch offen ist. Auch sollte man niemals an Fließgewässern eisbaden. Denn wenn Flüsse zugefroren sind, kann man die Strömung überhaupt nicht mehr einschätzen. Gibt es bei der Lufttemperatur eine absolute Grenze, wo man nicht mehr Eisbaden kann? Wenn man trainiert ist und weiß, was man sich zumuten kann, kann man auch bei sehr tiefen Temperaturen eisbaden –solange man eben eine freie Stelle im Wasser findet. Wichtiger Tipp für Eisbader: Auf den Körper hören: Wie lange sollte man höchstens im Wasser verweilen? Man sollte ganz genau auf seinen Körper achten. Der Körper reagiert unmittelbar auf diese plötzliche Kälte. Die Adern ziehen sich zusammen, der Blutkreislauf versorgt nur noch die inneren Organe. Man merkt es dann ja auch selbst: Wenn es so kalt wird, dass der Körper nur noch zittert, dann sollte man aus dem Wasser gehen, sich gründlich abtrocknen, sich ganz schnell aufwärmen, auch warme Getränke zu sich nehmen – aber keinen Alkohol. Man muss die eigenen Grenzen richtig einschätzen. Es bleibt immer auch ein Schockzustand. Und im Zweifel sollte man lieber aus der Gefahr raus und es nicht übertreiben. Lesen Sie auch Warum es Manfred Kuball winters in den Untersee zieht Frostiger Winterspaß: Stand Up Paddling auf der Havel in Rathenow Potsdamer Feuerwehr übt Rettung im Eis Eingebrochener am Tiefen See Berlin: Verunglückter Eistaucher aus Treptower Park stirbt im Krankenhaus Aber nochmal: Wie lange kann die Kältephase dauern? Ich würde sagen, höchstens fünf bis zehn Minuten. Viel mehr sollte es nicht werden. Man kann dabei auch gerne Schwimmzüge machen, sollte aber darauf achten, nicht mit dem Kopf unter Wasser zu kommen. Es besteht dann die Gefahr, dass man doch unter die Eisdecke gerät und das ist lebensgefährlich. Außerdem weiß man nicht, wie der Kopf auf die Kälte reagiert. Es geht auf keinen Fall darum, den Körper längere Zeit dieser Kälte auszusetzen. Das ist alles andere als gesund. Was sollte danach am Ufer schon bereitliegen? Ganz wichtig sind trockene Handtücher. Die Badesachen sollte man sofort ausziehen und warme Kleidung anziehen können. Man muss sich wieder dick einpacken und am besten sofort in die Wärme zurückgehen können, entweder ins bereitstehende Auto oder in ein Gebäude, wo man sich gerade aufhält. Wichtig ist, dass sich der Körper möglichst schnell wieder aufwärmt, auch von innen heraus. Deshalb gerne auch einen warmen Tee trinken. Stresssituation für Herz und Kreislauf: Wenn ich das Eisbad doch übertreibe: Was könnte passieren? Wie gesagt ziehen sich die äußeren Gefäße zusammen und der Körper speichert nur noch die Wärme im Inneren. Dadurch kühlt er in den Gliedmaßen sehr schnell aus. Und das Zusammenziehen der Gefäße ist natürlich eine Stresssituation für das gesamte Herz-Kreislaufsystem. Das kann bei Menschen mit Problemen zu einem Schockzustand und sogar zu einem Kreislaufzusammenbruch führen. Gerade deswegen sollte Eisbaden immer nur in der Gruppe stattfinden. Mussten Sie schon jemanden vom Eisbaden retten? Ich nicht, aber es gibt natürlich Kameradinnen und Kameraden, die gerade bei dieser Witterung solche Einsätze haben. Wir haben solche Rettungseinsätze erst neulich in Brandenburg an der Havel wieder trainiert. Dabei ging es vor allem um das Risiko, auf eine vermeintlich sichere Eisdecke zu laufen. Hier ist es auch für uns Retter lebensgefährlich, jemanden aus Eis und Schnee und kaltem Wasser zu holen. Gibt es Leute, die ohne Bedenken Eisbaden können oder sollte jeder vorsichtig sein? Im Grunde sollte jeder vorsichtig sein. Kinder sollten lieber gar nicht eisbaden. Auf jeden Fall sollten sie das nicht schockartig tun, denn ihre Körper kühlen viel schneller aus als die von Erwachsenen. Das sieht man auch im Schwimmbad, wenn Kinder schnell zittern und blaue Lippen bekommen. Vorsichtig sein müssen auch Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen. Aber selbst ein 25-jährige Sportstudent kann in einen Schockzustand kommen. Insofern gibt es keine Aussage dazu, wer am besten für das Eisbaden geeignet ist. Jeder, der weiß, er geht ein Risiko ein, oder der es beim Versuch fühlt, sollte es lieber nicht machen. Wenn ich es aber machen kann: Was ist der Segen des Eisbadens? Es ist für den Körper eine besondere Stresssituation –aber Stress bedeutet immer auch Hormonausschüttung. Dadurch entsteht ein Glücksgefühl. Natürlich werden auch die körperlichen Abwehrkräfte mobilisiert und man härtet ab. Eisbader fühlen sich schon fitter und wacher als andere. Ich kenne jedenfalls einige Eisbader, die sagen, es ist das Tollste, wenn man aus dem Wasser kommt, sich abtrocknet und dieses Glücksgefühl nach dem Eisbad durchlebt. Von Rüdiger Braun