Debatte über harten Lockdown: Woidke sieht keinen Bedarf für vorgezogene MPK

Nur eine Woche nach dem chaotischen Bund-Länder-Treffen könnte noch vor Ostern bereits der nächste Corona-Gipfel stattfinden. Denn die Infektionszahlen steigen weiter in rasantem Tempo. Der Präsident der Intensivmedizinervereinigung (Divi), Gernot Marx, forderte einen harten Lockdown über zwei oder drei Wochen. „Das wird zahlreiche Menschenleben retten und noch viel mehr vor lebenslangen Langzeitfolgen durch Covid bewahren“, sagte er am Sonntag. „Wir rennen sehenden Auges ins Verderben“, warnte er. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) brachte ein „richtiges Runterfahren unserer Kontakte“ für 14 Tage ins Spiel. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stellte für Anfang der Woche weitere Gespräche über einen harten Lockdown in Aussicht, allerdings nicht unbedingt in Form einer Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). „Brauchen jetzt keine MPK“: Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sieht derzeit keinen Bedarf für eine solche Runde, wie Regierungssprecher Florian Engels mitteilte. Das Kabinett werde am Dienstag über eine aktualisierte Corona-Verordnung entscheiden, die zusätzlich Regeln für Ausgangsbeschränkungen beinhalten soll. „Dafür brauchen wir jetzt keine MPK“, sagte er. Die Landesregierung hatte sich am Freitag darauf verständigt. Vom 1. bis 6. April sollen von 22 bis 5 Uhr Ausgangsbeschränkungen regional gelten, wenn der Wert neuer Infektionen pro 100 000 Einwohner in einer Woche 3 Tage hintereinander über 100 liegt. FDP-Chefin: Ausgangsbeschränkungen sind ungeeignet: Das stößt auf Kritik. Als „faules Ei“ bezeichnete die FDP-Landesvorsitzende Linda Teuteberg das Vorhaben: „Ausgangssperren sind ungeeignet und unverhältnismäßig: Nicht das Verlassen der Wohnung birgt Infektionsrisiken, sondern der physische Kontakt mit Menschen.“ Anders die Einschätzung von Mike Schubert (SPD), Oberbürgermeister von Potsdam. Auch er sprach von einem „starken Eingriff in die Freiheitsrechte“, der nicht leichtfertig ausgesprochen werden dürfe. „Aber der letzte Jahreswechsel hat gezeigt, dass Ausgangsbeschränkungen bei der Eindämmung des Virus zumindest als kurzfristige Maßnahme helfen können“, sagte er. Mitte Dezember hatte die Landesregierung nächtliche Ausgangsbeschränkungen von 22 bis 5 Uhr angeordnet. Die Regelung hatte allerdings viele Ausnahmen erlaubt. Brandenburg führt Luca-App ein: Wie andere Bundesländer auch will Brandenburg gegen die Ausbreitung des Coronavirus die Luca-App zur Kontaktnachverfolgung nutzen. Dazu hat das Land über den Informationsdienstleister Dataport einen Vertrag abgeschlossen, wie Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) mitteilte. Damit können die Gesundheitsämter der Landkreise und kreisfreien Städte an das System angeschlossen werden, womöglich noch vor Ostern. Die App kann kostenlos auf das Smartphone geladen werden. Sie ermöglicht eine kontaktlose Registrierung beim Besuch eines Geschäfts, Theaters oder Restaurants. Kontaktpersonen bestätigter Corona-Infektionen können damit ausfindig gemacht und umgehend digital informiert werden. „Die schnelle und lückenlose Kontaktnachverfolgung bei jeder nachgewiesenen Corona-Infektion ist ein wesentlicher Faktor beim Eindämmen der Pandemie. Nur so können Infektionsketten unterbrochen werden“, sagte Gesundheitsministerin Nonnemacher. Von Torsten Gellner