Der 1. Mai in der Corona-Krise in Brandenburg und Berlin DGB-Forderung

Der Tag der Arbeit ohne eine einzige Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes? Eigentlich undenkbar, in diesem Jahr aber in der Corona-Krise unvermeidbar. Stattdessen will sich die Gewerkschaft, die nach eigener Aussage zum ersten Mal seit der Gründung 1949 an einem 1. Mai nicht auf die Straße geht, digital präsentieren. Und von 11 bis 14 Uhr mit einer Livesendung bundesweit (www.dgb.de/erstermai). Der neue Leitspruch: Solidarität heiße, Anstand mit Abstand halten. In Brandenburg und Berlin sind laut DGB „kleine Aktionen“ geplant. So soll in Wohnvierteln auf Gehwegen das Mai-Motto „Solidarisch ist man nicht alleine“ mit Kreide aufgemalt werden, unter anderem in Cottbus, Eberswalde, Schwedt, Hennigsdorf und in den Berliner Bezirken. Fokus liegt auf einer besseren Bezahlung von Pflegekräften: Im Fokus der diesjährigen Forderungen zum Tag der Arbeit stehen die Beschäftigten in den sogenannten systemrelevanten Berufen – vor allem in der Pflege. „Es darf nicht übersehen werden, dass die Krise bestehende soziale Ungleichheiten verschärft“, sagt Christian Hoßbach, Vorsitzender des DGB Berlin-Brandenburg. Es müsse konsequenter gegen soziale Schieflagen vorgegangen werden. „Die Hauptlast tragen aktuell Menschen in Berufen, die nicht angemessen bezahlt werden“, betonte Hoßbach. Auch für Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat sich der Wert von bisher nicht immer ausreichend geschätzten und bezahlten Tätigkeiten „nachdrücklich“ ins öffentliche Bewusstsein geschoben. Nach der Krise werde sich aber erst zeigen, ob den heutigen „Heldinnen und Helden des Alltags“ zum Beispiel in Kliniken und Pflegeeinrichtungen auch dauerhaft gesellschaftliche und finanzielle Wertschätzung entgegengebracht werde. „Am Ende wird sich Solidarität auch darin äußern, ob wir alle bereit sind, dafür einen höheren Preis zu zahlen“, so der Regierungschef. Brandenburgs Grünen richten den Fokus auf eine bessere Bezahlung von Pflegekräften. Die Corona-Pandemie habe grundsätzliche Missstände schonungslos bloßgelegt, erklärte am Mittwoch Grünen-Landeschefin Julia Schmidt aus Anlass des 1. Mai. Bislang sei „systemrelevante Arbeit“ zu wenig wert gewesen, das müsse sich ändern und sich auch im Gehalt niederschlagen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hebt zum 1. Mai die starke Verunsicherung vieler Menschen hervor. Die anrollende Rezession werde sehr viele Branchen hart treffen wird und die Erwerbslosenzahlen würden nach oben schnellen, erklärte Frank Wolf, Landesbezirksleiter Berlin-Brandenburg. Er geht davon aus, dass die Zahl an Klagen zum Beispiel gegen Kündigungen deutlich zunehmen werde, je länger die Krise andauere. 5000 Polizisten in Berlin im Einsatz – trotz Demo-Verbots: Demonstrationen sind zwar nicht erlaubt, die Polizei in Berlin stellt sich aber dennoch auf einen weniger friedlichen 1. Mai ein. Im Einsatz sind erneut etwa 5000 Polizisten, wie eine Sprecherin der Polizei sagte. 1400 davon sollen aus sieben anderen Bundesländern sowie von der Bundespolizei kommen. Im vergangenen Jahr waren 5500 Polizisten zur Begleitung zahlreicher Demonstrationen und Straßenfeste im Einsatz. Erste Proteste sind für den Abend des 30. April in Berlin-Friedrichshain durch linke Gruppen angekündigt. Erlaubt sind in Berlin und Brandenburg nur Demonstrationen unter freiem Himmel mit bis zu 20 Teilnehmern und genug Abstand. Bei der Polizei in Berlin lagen am Mittwoch insgesamt 30 Anträge für kleinere Demonstrationen vor. Sie würden derzeit geprüft, hieß es. Kundgebung vor der Berliner Volksbühne angekündigt: So ist auf dem Rosa-Luxemburg-Platz vor der Volksbühne in Berlin-Mitte eine Kundgebung angekündigt. Dort hatten bereits an den vergangenen Samstagen hunderte Menschen demonstriert, unter ihnen Rechtspopulisten, Anhänger von Verschwörungstheorien, Linke. Am Abend ab 18 Uhr wollen linke und linksradikale Gruppen statt der üblichen großen Demonstration in Kreuzberg spontane Protestaktionen zwischen Oranienplatz und Spree veranstalten. Vorbereitet ist in Berlin auch die Justiz: Mehrere Staatsanwälte halten sich bereit, um nach Festnahmen in der Walpurgisnacht oder am 1. Mai schnell gegen mögliche Randalierer und Gewalttäter Haftbefehle beantragen zu können, hieß es. Am Abend des 1. Mai sollen zwei Staatsanwälte in der Gefangenen-Sammelstelle sein, um zu prüfen, ob eine Untersuchungshaft in Frage kommt. Schutzmasken werden von der Behörde bereitgestellt, hieß es. Von Igor Göldner

Tag der Arbeit in Berlin-Brandenburg - Corona-Krise: Kein 1. Mai wie jeder andere