Der BER eröffnet – aber nur wenige Anwohner haben Schallschutzfenster einbauen lassen

Wenige Tage vor der Eröffnung des Flughafens BER in Schönfeld (Dahme-Spreewald) haben viele Flughafenanlieger noch keine Schallschutzarbeiten an ihren Häusern vornehmen lassen. Von den rund 13.000 Wohneinheiten, für die die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) die Umrüstungskosten übernehmen muss und diesen Anspruch auch schon zugesichert hat, seien in 9170 noch keinerlei Einbauten vorgenommen worden. Das geht aus der Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Landtag hervor. Es handelt sich dabei offenbar um Objekte im Tagschutzgebiet. Tausende haben noch kein Geld beantragt: In 1740 Häusern und Wohnungen seien Schallschutzeinbauten nur teilweise umgesetzt worden. 4000 Haushalte, die theoretisch anspruchsberechtigt seien, hätten noch gar keinen Antrag auf eine Kostenübernahme seitens der Flughafengesellschaft gestellt. „Die individuellen Gründe für das Zögern der Anspruchsberechtigten, anerkannte bauliche Schallschutzmaßnahmen umzusetzen, sind der Regierung nicht bekannt“, heißt es in der Stellungnahme. Das Verkehrsministerium verweist in seiner Antwort darauf, dass es den Anspruchsberechtigten freistehe, wann sie die Bauarbeiten veranlassten. Die Kosten für die Bauarbeiten könnten laut der Landesregierung bis zu fünf Jahre nach der Inbetriebnahme der südlichen Start- und Landebahn geltend gemacht werden. Viele Eigentümer warten, wie laut es wirklich wird: Die Zurückhaltung vieler Hauseigentümer trotz der zu erwartenden Lärmbelastung überrascht Bürgermeister der Nachbargemeinden nicht. Viel Bürger hätten „Entschädigung genommen und wollen erst sehen, wie viel Lärm kommt“, andere sähen „in der zusätzlichen Dämmung wenig Sinn“, sagt der Bürgermeister von Blankenfelde-Mahlow (Teltow-Fläming), Michael Schwuchow (SPD). Es gibt auch Streit in Fällen, „in denen bauliche Dämmung nicht umsetzbar ist“. Nach Auskunft der Flughafengesellschaft wurden in 6802 Fällen (Stand Ende September) Entschädigungen ausgezahlt, was die Gesellschaft unter der Überschrift „Schallschutzmaßnahmen umgesetzt“ verbucht. Allerdings ist damit eben nicht gesagt, dass das Geld auch für schalldichte Fenster und Lüfter oder dergleichen ausgegeben wurde beziehungsweise eines Tages ausgegeben wird. Zeitlichen Verzug sieht das Verkehrsministerium nicht auf Seiten der Flughafengesellschaft. Wer ein Jahr vor Inbetriebnahme der Süd-Bahn seinen Antrag gestellt habe, sei spätestens ein halbes Jahr vor dem Betriebsstart über seinen Schallschutzanspruch informiert worden, heißt es in der Regierungs-Stellungnahme. Das Land habe die FBB zu einer solchen Information „angehalten“, schreibt das Ministerium. Und: „Dieses Ziel hat die FBB eingehalten.“ Baukosten für Schallschutz steigen: Warten die Hausbesitzer längere Zeit nach Erhalt ihres Bescheides, laufen sie nach Einschätzung der Grünen-Fraktion in Schwierigkeiten: „Einer der Gründe, weshalb Hauseigentümer Schallschutz baulich nicht umsetzen, ist, dass sie Mehrkosten selbst tragen müssen, die durch konjunkturbedingt gestiegene Baupreise“ seit dem Versand des Bescheids entstanden seien, gibt die Fraktion in ihrer Anfrage zu bedenken. Laut dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg lag der Preisauftrieb für Instandhaltungsarbeiten an Wohngebäuden bei etwa fünf Prozent binnen eines Jahres. Die Landesregierung verweist darauf, die Bescheide enthielten „gutachterlich prognostizierte Kostensteigerungen“. Die ermittelten Kosten beruhten auf Marktpreisen. Grundsätzlich hätten Eigentümer die Möglichkeit, „den für sie günstigsten Zeitpunkt für die Antragstellung zu wählen“. Nicht erwähnt sind Schwierigkeiten vieler Bürger, angesichts voller Auftragsbücher überhaupt Handwerker zu finden. Ex-Manager Mehdorn meldet sich: Fünf Tage vor der Eröffung des Airports melden sich mehrere Ex-Chefs zu Wort. Hartmut Mehdorn sagt dem Flughafen eine blendende Zukunft voraus. „Er ist ein schöner und funktioneller moderner Flughafen“, sagte Mehdorn. „Seine Rolle als Wirtschaftsmotor der Region Berlin/Brandenburg wird sich nach kurzem Anlauf von selbst einstellen.“ Der frühere Bahnchef Mehdorn versuchte bis 2015 als Geschäftsführer zwei Jahre lang, den BER fit für eine Inbetriebnahme zu machen. „Ich glaubte, es wäre schneller möglich gewesen“, erinnerte sich Mehdorn. In den vergangenen Jahren sind sechs Eröffnungstermine für den drittgrößten deutschen Flughafen geplatzt. „Das war insgesamt keine Meisterleistung von allen Beteiligten“, sagte Mehdorn. Er hatte noch mit einer Eröffnung 2017 geplant. Dieses Ziel musste sein Nachfolger, Karsten Mühlenfeld, kassieren. Mühlenfeld sagte: „Ich hoffe, dass der Flughafen auch unter hoher Auslastung so gut wie Tegel funktioniert, um die Investitionen wieder hereinzuholen.“ Er wünsche dem Projekt, dass nicht noch nachträglich Baumängel auftauchen. Von Ulrich Wangemann und Burkhard Fraune