In Brandenburg übt die Opposition wegen des Impfchaos Kritik an Gesundheitsministerin Nonnemacher

Wegen Ungereimtheiten rund um die Corona-Impfungen in Brandenburg erhöht die Opposition im Landtag den Druck auf die zuständige Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). Die oppositionelle Linke wirft der Ministerin „organisierte Verantwortungslosigkeit“ bei der Umsetzung der Impfstrategie vor und forderte sie zum Handeln auf. „Die Ministerin kann nicht immer die Schuld auf andere schieben“, sagte Fraktionschef Sebastian Walter am Dienstag in Potsdam. Sie könne zwar nichts dafür, dass zu wenig Impfstoff zur Verfügung stehe; die Ministerin habe aber die Verantwortung für die Organisation und Kommunikation der Impfstrategie, betonte der Linken-Politiker. Kritik am bisherigen Management übten auch die Freien Wähler im Landtag. Fraktionschef Peter Vida sagte, die Verwaltung des Landes müsse bei der Impfstrategie „mehr leisten“. „Wir können uns nicht mit Mittelmaß zufriedengeben“, sagte Vida. Auch in der SPD-Fraktion wurde erneut Kritik an der schleppenden Umsetzung der Impfstrategie und am Agieren der Ministerin geübt. CDU und Grüne hingegen verteidigten den bisherigen Kurs der Grünen-Ressortchefin. Walter: Terminvergabe wie „in einem Windhundrennen“: SPD-Fraktionschef Erik Stohn drängt darauf, dass das Land eine Online-Terminvergabe möglich macht. „Andere Bundesländer bekommen das auch hin.“ Nach wie vor können Termine nur über die zentrale Hotline 116117 gebucht werden. Die brach wegen des Ansturms dauernd zusammen. Rund 9000 bereits vereinbarte Termine für Erstimpfungen mussten kürzlich abgesagt werden. „Das ärgert mich wirklich“, sagte Stohn. Überdies sei es vorgekommen, dass Menschen aus Niedergörsdorf an der Grenze zu Sachsen-Anhalt Terminangebote im uckermärkischen Prenzlau bekommen hätten. „Das ist sehr irreführend.“ Linken-Fraktionschef Walter sprach spöttisch von einer „Impf-Lotterie“. Er empfahl, dass wie in Berlin Risikogruppen schriftlich zu Impfterminen eingeladen werden sollten, damit sich die Betroffenen nicht „in einem Windhundrennen“ selbst um Termine bemühen müssten. Zudem müsse der Transport in die Impfzentren organisiert und vom Land finanziert werden. Walter und Vida forderten, dass Impfungen möglichst bald auch in Hausarztpraxen durchgeführt werden sollen. CDU-Fraktionschef irritiert über SPD: CDU-Fraktionschef Jan Redmann äußerte sich über die Debatte verwundert und verteidigte die Grünen-Ministerin Nonnemacher. Ihn irritiere die Kritik aus der SPD, die nicht weiter führe. „Auch die 80-Jährigen, die man per Brief angeschrieben hätte, hätten jetzt nicht mehr Termine.“ Das Problem sei, dass nicht ausreichend Impfstoff bereit stünde. Dann könnten auch in den Impfzentren mehr Menschen geimpft werden. Skeptisch äußerte er sich über die Forderung, dass auch Hausärzte impfen sollten. Das sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend. „Die würden nur mitteilen, dass sie nicht impfen können, da sie keinen Impfstoff haben.“ Grünen-Fraktionschefin Petra Budke sagte, einige Länder hätten die Erfahrung gemacht, dass häufig Online-Termine gebucht worden seien und Leute zum Impftermin nicht erschienen. Sie schlug vor, Risikogruppen per Brief anzuschreiben. „Das wäre für viele ältere Menschen eine Erleichterung.“ Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) bat am Dienstag am Rande der Eröffnung eines neuen Impfzentrums in Brandenburg/Havel um Verständnis: „Wir können nur den Impfstoff verimpfen, der uns tatsächlich angeliefert wurde.“ Sie bekräftige, dass beim Impfen insbesondere Bewohnerinnen und Bewohner in stationären Pflegeeinrichtungen Vorrang hätten. In Brandenburg wurden laut Ministerium bis Montag 61.879 Menschen geimpft, davon haben 1145 bereits die nötige zweite Impfung erhalten. Die Impfquote in Brandenburg liegt bei 2,3 Prozent – das ist Platz vier bundesweit. Von Igor Göldner