Übersterblichkeit durch Corona: Das sagt Brandenburgs Statistik

Die Corona-Pandemie könnte zu einer Übersterblichkeit in Brandenburg und Berlin geführt haben. Das legen bisherige Zahlen aus dem 8. Corona-Dossier des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg (AfS) nahe. Das Dossier ist nicht Teil des Statistischen Jahrbuchs 2020 des Statistikamtes, das am Montag vorgestellt wurde, sondern ein Service des Amtes aus aktuellem Anlass. Den bisher vorliegenden Daten zufolge lagen in Brandenburg die wöchentlichen Sterbefälle von Ende Mai bis Anfang November ständig über dem statistischen Durchschnitt der früheren Jahre seit 2017. Ausnahmen bilden einige Wochen von Ende Juli bis Anfang August und von Ende September bis Anfang Oktober. Die Sterbefälle gingen meist sogar über die übliche Schwankungsbreite der bisherigen Sterblichkeit hinaus. So starben zum Beispiel in der Woche vom 9. bis zum 15. November in Brandenburg 653 Menschen, was eine Übersterblichkeit von fünf Prozent bedeuten würde. Wegen der generellen Schwankungsbreite von Sterbefällen sei es bisher nicht möglich, eindeutige Aussagen zum Vorliegen einer Übersterblichkeit aufgrund der Pandemie in Brandenburg und Berlin zu machen, sagt der für das Corona-Dossier zuständige Statistiker Holger Leerhoff. „Je nach Wahl der Methode, könnte man zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen“, so Leerhoff. Die aktuellen Fallzahlen für Brandenburg und Berlin seien einfach noch zu gering, um sie in eine bestimmte Richtung zu interpretieren. „Ich denke aber, die Schere zwischen den durchschnittlichen Sterbefällen der früheren Jahre und den aktuellen Sterbefällen geht noch weiter auseinander“, so Leerhoff. Statistisch sicher sind Umsatzeinbrüche: Die Tendenz sei schon, dass im kommenden Jahr wohl eine Übersterblichkeit durch Corona bestätigt werde. Die Daten werden dann auch eindeutiger sein, weil Informationen aus den Todesurkunden einfließen. In diesen sind auch die Todesursachen vermerkt. Statisch gesichert sind dagegen schon jetzt massive Umsatzeinbrüche im Gastgewerbe. Bis Ende September hatten Beherbergungsbetriebe und Gaststätten in Brandenburg 27 Prozent weniger Umsatz als 2019. Außerdem nahm die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs in Brandenburg mit Beginn des ersten Lockdowns massiv ab, Ende März um bis zu 80 Prozent gegenüber den Vorjahren. Bevölkerung wächst: Im Jahr 2019 ist die Bevölkerung Brandenburgs um 9976 und damit auf insgesamt 2 521 893 Personen angewachsen. Das Bevölkerungswachstum ist vor allem auf die Zuwanderung von Berlinerinnen und Berlinern zurückzuführen. Laut dem Vorstand des Statistikamtes Berlin-Brandenburg, Jörg Fidorra, sieht die typische Wanderungsbewegung etwa so aus: Viele junge Brandenburger ziehen zur Ausbildung oder zur Berufsausübung nach Berlin. Mit dem Interesse an Familiengründung etwa in ihren Dreißigern zieht es viele nach Berlin gezogene Brandenburger wieder zurück in Ihre Heimat. Im Zusammenhang mit dem Brexit gibt es eine weitere interessante Veränderung in der Bevölkerung Brandenburgs. Viele britische Staatsbürger, die bisher als Ausländer in Brandenburg lebten, haben 2019 einen deutschen Pass erworben. Insgesamt waren es 179 Briten, die seit 2019 Deutsche oder neben ihrer britischen Staatsbürgerschaft auch Deutsche sind. Insgesamt nahmen in Brandenburg vergangenes Jahr 1041 hier lebende Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft an. Das sind 240 mehr als im Jahr 2018. Einfamilienhaus als normale Wohnform: Ende des Jahres 2019 gab es in Brandenburg 9596 Wohnungen und damit 0,7 Prozent mehr als noch 2018. Insgesamt hatte Brandenburg 2019 damit 1.339.605 Wohnungen. Die bevorzugte Wohnform in Brandenburg ist immer noch das Ein- oder Zweifamilienhaus. Knapp die Hälfte aller Brandenburger lebt so. Das ist ein großer Unterschied zu Berlin, wo sich –wenig überraschend –fast 87 Prozent aller Wohnungen in Mehrfamilienhäusern befinden. Sowohl für Berlin als auch für Brandenburg gilt aber eine beständige Zunahme des Wohnraums in den vergangenen zehn Jahren. In Brandenburg hat sich die Zahl seit 2010 um fast 67.000 Wohnungen und damit um 5,3 Prozent erhöht. Umsatz der Industrie wächst im Ausland: Der Umsatz der 1269 brandenburgischen Industriebetriebe mit mindestens 20 Beschäftigten hat 2019 mit 27,3 Milliarden Euro kaum zugenommen. Er stieg nur um 0,8 Prozent. Allerdings werden diese Umsätze jetzt an anderer Stelle gemacht, nämlich immer mehr auch im Ausland. Während der Inlandsumsatz um 2,2 Prozent auf 18,9 Milliarden Euro sank, stieg er beim Auslandsgeschäft um 8,2 Prozent auf 8,4 Milliarden Euro an. Besonders nachgefragt waren brandenburgische Produkte im Umfeld des Fahrzeugbaus, des Maschinenbaus und der Metallerzeugnisse. Autos mit alternativem Antrieb nehmen zu: In Brandenburg wurden 2019 weniger Fahrzeuge zugelassen als im Vorjahr. Zuletzt gab es 84.346 neu zugelassene Fahrzeuge jeder Art und damit 1769 weniger als noch 2018. Die Zahl der neu zugelassenen reinen Personenkraftwagen belief sich auf 65.378 Autos. Ein Viertel davon sind Dieselfahrzeuge. Rund 5230 neu zugelassene Autos hatten 2019 einen alternativen Antrieb, sei es hybrid oder ganz elektrisch. Das waren rund 2000 mehr als noch im Vorjahr. Die Zahl der Verkehrsunfälle ist in Brandenburg laut Amtschef Fidorra immer noch besorgniserregend hoch. Insgesamt gab es 83954 Unfälle und damit 1,8 Prozent mehr als 2018. 11.854 Menschen wurden dabei verletzt. Ihr Leben verloren auf Brandenburgs Straßen im Jahr 2019 insgesamt 125 Menschen. Das waren immerhin 18 Verkehrstote weniger als im Jahr 2018. Von Rüdiger Braun