Weihnachten mit Familie: Das raten Brandenburger Ärzte im Coronajahr

Es wird kein gewöhnliches Weihnachtsfest, das ist sicher. Die Corona-Pandemie hat Brandenburg fest im Griff – und viele fragen sich, wie die Feiertage aussehen werden. Ist es verantwortbar, Verwandte zu sehen? Vor allem, wenn sie älter sind? „Ich selbst würde es ablehnen, Großeltern zu besuchen“, sagt Wolf-Rüdiger Boettcher. Der Allgemeinmediziner aus dem Potsdamer Ortsteil Neu Fahrland weiß um die Gedanken, die sich viele derzeit machen. „Ich kann nicht rigoros sagen, dass niemand fahren soll. Es geht darum, das Risiko abzuwägen und dann damit entsprechend umzugehen“, sagt er. Dabei komme es auf die Situation an, etwa wie viele Kontakte man hatte, woher man anreist oder wie alt die Verwandten sind. Dazu gehöre bei Älteren aber auch, konsequent Nein zu sagen, so Boettcher. „Um sich selbst zu schützen und das nächste Weihnachten noch zu erleben.“ Kontakte vor dem Fest reduzieren: Wer sich für eine gemeinsame Feier entscheidet, sollte die Corona-Regeln dabei einhalten. Abstand halten, Hygiene beachten und Alltagsmaske aufziehen: „Daran kommen wird nicht vorbei“, sagt er. Auch schon vorher sei es wichtig, die Kontakte zu reduzieren. Etwa sei eine freiwillige Quarantäne zehn Tage vor dem Fest durchaus sinnvoll. Lesen Sie auch: Weihnachten 2020: Wie schütze ich meine Familie am besten? Auch für ihn wird es ein ungewohntes Weihnachtsfest: Nur die beiden Kinder, die sowieso im Haus und der Nachbarschaft leben, kommen dazu. Normalerweise würden ihn auch Patienten zu Weihnachten besuchen. Doch darauf verzichtet er in diesem Jahr. „Leider“, sagt er. Patienten kämpften mit Corona-Folgen: Es war kein einfaches Jahr für die Ärzte in Brandenburg. Sie bekamen hautnah mit, was eine Infektion mit dem Coronavirus bedeuten kann. „Ich sehe ja, wie schwer manche Leute erkrankt sind“, sagt Boettcher. „Das ist keine einfache Grippe“. Zwar habe er auch Patienten mit milden Verläufen behandelt, einige hätten jedoch lange danach noch mit den Folgen zu kämpfen. Auch Johannes Becker blickt auf schwierige Monate zurück.„Unangenehm, einfach unangenehm“, fasst der Hausarzt aus Ruhland (Oberspreewald-Lausitz) die Zeit zusammen. Besonders prägend war für ihn die Behandlung eines 40-Jährigen, der mehrere Tage beatmet werden musste. „Der hatte fünf Tage Nahtoderfahrungen, also das Gefühl, zu ersticken“, sagt er. Keine leichte Entscheidung: Erst am Wochenende musste ein anderer Corona-Patient ausgeflogen werden – weswegen Johannes Becker viele Dinge noch kritischer sieht als ohnehin schon. Auch er weiß, vor welch schwierigen Fragen viele Brandenburger nun stehen. Im Gespräch wägt er seine Worte immer wieder ab, zeigt Verständnis für Menschen, die das Weihnachtsfest mit ihren Verwandten verbringen wollen. Auch die soziale Isolation könne krank machen, sagt er. Dennoch rät er dazu, über die Festtage Verantwortung zu übernehmen – auch wenn das heißt, mitunter ungewohnte Wege zu gehen. So sollte man gerade bei älteren Verwandten überlegen, ob ein Besuch sinnvoll ist. „Man kann sich ja auch tief versprechen, dass man das bei erstbester Gelegenheit nachholt“, so der Mediziner. An den Festtagen könne man sowieso nicht das aufholen, was das ganze Jahr über versäumt wurde. „Einen Alibi-Besuch sollte man unterlassen“, sagt Becker. Warum nicht Spaziergänge machen? Wer jedoch mit Personen aus einem anderen Haushalt feiert, sollte dabei auf die Corona-Regeln achten. Distanz wahren, regelmäßig lüften und ja: einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Auch Alkohol sei nur in Maßen zu trinken – damit es nicht zu „Szenen der allgemeinen Verbrüderung kommt“, wie Becker es nennt. Lesen Sie auch: Potsdamer Psychologe: „Das kann ein ganz besonderes Weihnachten werden „Wichtig wäre auch, das Ganze zu begrenzen“, sagt er mit Blick auf die Dauer des Zusammenseins. Zudem könne man überlegen, einen Teil des Besuchs nach draußen zu verlegen. „Warum nicht Spaziergänge machen?“, so Becker. Sein Credo: Den „gesunden Menschenverstand“ einschalten. Weihnachtsfest im kleinen Kreis: Und was ist mit Verwandten, die von weit weg anreisen und übernachten? Zwar hat der Arzt schon mit Kollegen darüber diskutiert, ob ein Antigen-Schnelltest vor der Abreise sinnvoll ist. „Die Frage ist nur, ob es Sicherheit oder scheinbare Sicherheit bringt“, sagt er. Noch sei über das Virus vergleichsweise wenig bekannt. „Wir kennen die Spielregeln nicht.“ Der Test reagiere erst ab einer gewissen Viruslast. Und die könne zum Zeitpunkt des Tests mitunter noch nicht da sein. Er selbst feiert im kleinsten Kreis. „Wir nehmen uns zurück und sind eher dankbar, dass wir gut durch dieses Jahr gekommen sind“, sagt Becker. Der Besuch bei den älteren Verwandten wurde abgesagt, die Kinder feiern in ihren Familien. Doch das Programm steht, sagt Becker. „Gans, Stollen, Plätzchen – und dienstfrei“. Von Johanna Apel