Weihnachtsbaum selber schlagen: Auf diesen Brandenburger Höfen ist das möglich

Noch liegt der Morgennebel über dem Krämerwaldhof. Vincent Köhler stapft durch das nasse Gras, vorbei an einem Meer aus grünen Zweigen. Hier stehen sie, die ganz Großen. Die Tannen, die Kiefern und die Fichten, die sein Großvater bereits vor 30 Jahren pflanzte. Mehrere Meter sind sie hoch – zu hoch für die meisten Kunden, die sich hier ab Sonnabend nach einem passenden Weihnachtsbaum zum Selberschlagen umsehen. Doch die alten Riesen haben mittlerweile eine andere Funktion: Sie helfen den kleineren Bäumen beim Wachsen. „Sie festigen den Boden und spenden Schatten“, sagt Vincent Köhler. Deshalb sieht der Chef des Krämerwaldhofs in Neu-Vehlefanz (Oberhavel) auch keinen Grund darin, sie abzusägen. Es sei denn, jemand möchte einen solchen Baum haben – und hat das entsprechende Wohnzimmer. Nordmanntanne ist Spitzenreiter: Wenn im Advent nun die Brandenburger und Berliner Kunden auf das zehn Hektar große Gelände kommen, werden die meisten allerdings wohl einen anderen Favoriten haben: „Die Nordmanntanne ist der unangefochtene Spitzenreiter“, sagt Vincent Köhler. Dennoch wird auch die Blautanne immer beliebter und auch die serbische Fichte ist gefragt, erzählt der 30-Jährige. Er betreibt den Hof am Ortsrand von Neu-Vehlefanz bereits in dritter Generation. Nach der Wende begann sein Großvater Günter Köhler mit dem Pflanzen der ersten Bäume, später übernahm sein Vater Steffen Köhler den Betrieb. Seit 2016 kümmert sich Vincent Köhler um die Geschäfte, nebenbei studiert er Regenerative Energiesysteme in Berlin. Krämerwaldhof muss umdenken: Während er über das Gelände führt, hält er immer wieder kurz inne, fasst an einen der dunkelgrünen Zweige und erzählt von den Besonderheiten seiner Arbeit. Bevor ein kleines Pflänzchen zum stattlichen Weihnachtsbaum wird, muss er mehrere Jahre gehegt und gepflegt werden. Pflanzen, bewässern, schneiden: Obwohl die Köhlers in der Adventszeit ihren Umsatz machen, gibt es für sie das ganze Jahr über viel zu tun. Baumschlagen unter Corona-Bedingungen: Doch 2020 ist vieles anders, auch das Weihnachtsbaumgeschäft. Normalerweise fahren die Kunden auf dem Krämerwaldhof, um nach dem erfolgreichen Baumschlagen noch mit Stockbrot am Lagerfeuer zu sitzen und sich am Glühwein aufzuwärmen. In diesem Jahr gibt es jedoch Getränke und Speisen nur zum Mitnehmen, die Sägen werden desinfiziert, der Verkauf läuft über ein Einbahnstraßensystem. Außerdem müssen sich die Kunden nun vorher anmelden – um einen zu großen Andrang zu vermeiden. Um den Besuchsverkehr zu entzerren, bieten die Köhlers das Baumschlagen teilweise auch donnerstags und freitags an. Behrendts Hof in Nackel öffnet täglich: Auch die Behrendts vom gleichnamigen Weihnachtsbaumhof in Nackel (Ostprignitz-Ruppin) müssen in diesem Jahr andere Wege gehen. Ab dem ersten Adventswochenende findet dort das Baumschlagen unter Corona-Bedingungen statt. „Wir werden wie jedes Jahr täglich öffnen“, sagt Heide Guhl-Behrendt. Lesen Sie auch: Hier können Brandenburger 2020 ihre Weihnachtsbäume selbst schlagen Eine Anmeldung ist nicht nötig, auf dem neun Hektar großen Gelände gibt es Desinfektionsspender und Masken. Nur das große Hoffest – das muss in diesem Jahr abgesagt werden. Die meisten Kunden erwarten die Behrendts übrigens am dritten Adventswochenende: Da werden traditionell die meisten Weihnachtsbäume verkauft. Saison auf Werderaner Tannenhof gestartet: Der Startschuss für die Weihnachtsbaumsaison in Brandenburg fiel Anfang November auf dem Werderaner Tannenhof (Potsdam-Mittelmark). Gemeinsam mit dem Gartenbauverband Berlin-Brandenburg starteten die Betreiber in die Saison. Sie können sogar schon eine erste Zwischenbilanz ziehen. „Wir hatten bisher einen stärkeren Zulauf als im vergangenen Jahr“, sagt Gerald Mai. Bisher seien die Kunden sehr diszipliniert gewesen, so Mai. Auch in Werder ist in diesem Jahr vieles anders: Das große Festzelt wurde nicht aufgebaut, an den „neuralgischen Punkten“, also Eingang, Ausgang und Hofladen achten die Betreiber auf ausreichende Abstände, Speisen und Getränke gibt es nur zum Mitnehmen. Ansonsten habe das 50 Hektar große Gelände die „idealen Bedingungen“, um sich unter freiem Himmel nicht in die Quere zu kommen, sagt Mai. Keine Monokoltur bei Weihnachtsbäumen: Zurück am Krämerwaldhof: Vincent Köhler ist jetzt bei der Plantage der Nordmanntannen angekommen. Hier stehen sie, die Klassiker, perfekt herausgeputzt fürs Weihnachtsfest. Sattes Grün, soweit da Auge reicht. Zwischendurch auch immer wieder andere Bäume. „Monokultur ist der Tod im Topf“ hatte sein Vater Steffen Köhler im Vorgespräch erklärt. Der Familienbetrieb setzt auf ein Waldklima, in dem nicht nur eine Züchtung gedeihen kann. Auf dem Gelände wachsen kleine neben großen Bäumen, Fichten neben Kiefern, und hier und da sprießen Pilze aus dem Boden. Trockenheit schlecht für den Nachwuchs: Und natürlich ist da auch der Weihnachtsbaum-Nachwuchs: Ganz tapfer stehen sie da, die kleinen Bäumchen. Es waren keine leichten Sommer für sie: zu trocken, zu heiß. Wer da noch keine kräftigen Wurzeln hat, trägt schnell Schaden. Die Klimaveränderung ist auch in Oberkrämer spürbar. „Wir können die Jungpflanzen nicht mehr so pflanzen wie vor 10-15 Jahren“, so Steffen Köhler. Um den kleinen Bäumen in den trockenen Sommern eine Starthilfe zu geben, hilft nur zusätzliches Gießen. Doch jetzt ist das Gröbste überstanden: Die kleinen Weihnachtsbäume haben Wurzeln geschlagen und warten nun darauf, bis ihre Zeit kommt. 10 Jahre dauert es im Durchschnitt, bis aus einem kleinen Pflänzchen ein „richtiger“ Weihnachtsbaum wird. Bis es soweit ist, können die kleinen Tannen, Fichten und Kiefern auf dem Krämerwaldhof noch ordentlich wachsen – und den Menschen dabei zusehen, wie sie sich ihren schönsten Weihnachtsbaum aussuchen. Von Johanna Apel