Wie Sie sich in Brandenburg beim Hausarzt impfen lassen können

Am 7. April starteten die Hausarztpraxen in Brandenburg in den Impf-Regelbetrieb. Die Einbindung der niedergelassenen Hausärzte in die Impfkampagne sei „ein ganz entscheidender Schritt, der das Impfen voranbringen wird“, sagte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne), als sie sich in der Praxis von der Potsdamer Medizinerin Astrid Tributh zum Impfstart erkundigte, wie das denn so läuft. Die MAZ hat für Sie die wichtigsten Fragen und Antworten zum Impfen in Hausarztpraxen zusammengefasst. Wie viele Hausärzte in Brandenburg impfen jetzt? Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB) kann noch keine genaue Zahl nennen, da die Praxen selbstständig den Impfstoff bestellen. Sie kann nur anhand der Interessenten an dem in Brandenburg laufenden Modellprojekt abschätzen, dass sich wohl zu Beginn rund 850 Praxen im ganzen Land beteiligen werden. Ab Mitte April sind diesen neue Impfdosen zugesagt. „Wir gehen von rund 30.000 Impfdosen in den ersten Wochen aus“, sagt KVBB-Sprecher Christian Wehry. Es stehe der Impfstoff von Biontech/Pfizer mit sechs Spritzen pro Dosis zur Verfügung. Praxen, die sich zuvor am Modellprojekt beteiligt haben, erhalten vom Land auch den Impfstoff Astrazeneca, der nur an Personen ab 60 Jahre verimpft werden soll. Kann sich jetzt jeder, der es will, impfen lassen? Nein, die Priorisierung gilt auch in den Hausarztpraxen, wie Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher betont. Allerdings sehen die Hausärzte aus der Kenntnis ihrer Patienten gewisse Spielräume für sich. Tributh zum Beispiel würde auch eine 68-jährige Ehefrau eines 71-Jährigen impfen, obwohl diese streng genommen nach der Impfpriorisierung noch gar nicht dran wäre. „Sie sind ein gemeinsamer Hausstand“, begründet Tributh. Entsprechend impft die Ärztin auch jüngere Menschen, die ihre älteren Angehörigen in Pflegeheimen oft besuchen und sich an deren Pflege beteiligen. Wie bekomme ich einen Impftermin? Die Ärzte wenden sich zum Teil selbst an die Patienten. Die Praxis Tributh ruft zum Beispiel Patienten über 80 uns solche mit Vorerkrankungen selbst an und bietet ihnen Termine an – immer unter dem Vorbehalt, dass der Impfstoff tatsächlich geliefert wird. Man kann auch selbst bei Hausärzten anrufen und nach einem Termin fragen. Bislang wird in der Praxis nur mittwochs geimpft. Die Wartezeit beträgt eine Woche. Da die Ärztin schon sehr viele Patienten der Stufe 2 der Priorisierungsliste abgearbeitet hat, also Menschen ab 70 sowie solche, die etwa als Krankenhauspersonal, Erzieher und Grundschullehrer arbeiten, nimmt sie auch schon Patienten ab 60 dran, um keinen Impfstoff verfallen zu lassen. Trotzdem sollte man nicht einfach auf gut Glück anrufen. Das würde nur eine zusätzliche Belastung der Praxen bedeuten. Neben den Hausärzten können weiterhin online bei den Impfzentren Termine gebucht werden. Lesen Sie auch: Große Erwartungen zum Corona-Impftstart in Hausarztpraxen im Hohen Fläming Impfstart bei Hausärzten: „Das Telefon hat fast durchgängig geklingelt“ Corona: Die Hausärzte im Altkreis Kyritz warten auf den Impfstoff Kann ich den Impfstoff wählen? Nein, Ärzte und Impfzentren sind gehalten, die Stoffe zu verimpfen, die ihnen geliefert werden. Hausarztpraxen werden vorläufig vor allem Biontech verimpfen, es kommen aber auch die Impfstoffe Astrazeneca und Moderna hinzu. Man rechnet damit, dass demnächst auch der Impfstoff von Johnson & Johnson zum Einsatz kommt. Dieser hat den Vorteil, dass er nur einmal geimpft werden muss, um seine volle Wirkung zu entfalten. Der wegen Nebenwirkungen zwischendurch ausgesetzte Impfstoff Astrazeneca ist trotz der öffentlichen Diskussion sicher und wirkungsvoll. Ärzte bevorzugen den Impfstoff sogar, da er leichter zu handhaben ist als der mRNA-Impfstoff von Biontec. Eingesetzt werden darf er in Deutschland aber nur bei Menschen über 60 Jahren, da die sehr seltenen Fälle von Hirnvenenthrombosen bei jüngeren Frauen auftraten. Die praktische Ärztin Astrid Tributh weist darauf hin, dass Thrombosen bei der Antibabypille viel häufiger vorkommen und das Medikament trotzdem unbekümmert genutzt wird. Wird die Impfkampagne die Praxen nicht überlasten? Nein. Der Arzt Johannes Voss sagt, dass sich zu jeder Saison etwa 30 Prozent der Bevölkerung gegen Grippe impfen lässt. Diese enorme Menge bewältigten die Hausarztpraxen bisher einfach neben ihrem normalen Praxisbetrieb. Seit der Pandemie herrschen in den Praxen aber sowieso besondere Bedingungen. Distanzregeln und Lockdown haben zum Beispiel die Grippe- und Erkältungsfälle zurückgehen lassen. Voss schätzt, dass es für die Praxen keine Schwierigkeit wäre, binnen zehn Wochen ihren Patientenstamm durchgeimpft zu haben. In der vergangenen Woche schafften zum Beispiel die 260 Ärzte im Modellprojekt zusammen mit den Impfzentren 70000 Impfungen – das war bisheriger Rekord im Land. Schwierig sei es nur, solche Patienten zu erreichen, die bei keiner Hausarztpraxis angebunden sind. Wird die Priorisierung bis zuletzt durchgehalten? Im Prinzip ist das so vorgesehen. Allerdings ist die Priorisierung vor allem eine Reaktion auf den Impfstoffmangel. Es sollte sicher gestellt werden, dass vor allem die am höchsten gefährdeten Gruppen – das sind Menschen über 80 und Vorerkrankte – vor dem Coronavirus sicher sind. Es wird aber jetzt schon politisch diskutiert, die Priorisierung bei genügend Impfstoff langsam aufzulockern. Die Arztpraxen werden pragmatischer vorgehen als die Impfzentren. Gesundheitsministerin Nonnemacher weist darauf hin, dass im Laufe des zweiten Quartals 70 Millionen Dosen Impfstoff nach Deutschland geliefert werden sollen. Ab Juli soll sich die Situation noch weiter entspannen. Es ist damit zu rechnen, dass spätestens ab Juli jeder eine Impfung bekommen kann, der das will. Von Rüdiger Braun