Zur Eröffnung des Humboldt Forums

Es musste ein Schloss sein, obwohl heutzutage kein Mensch mehr ein Schloss braucht. Aber zu einer Architektur, die zu einem Kulturzentrum der Gegenwart passt, fehlte die Courage. Der Zeitgeist wollte sich lieber die Vergangenheit schön redet als beherzt in die Zukunft blicken. Vielleicht ist das Humboldt-Forum, das nun zum Teil und pandemiebedingt vorerst nur online eröffnet ist, trotzdem eine Chance, sich mit den Widersprüchen von Geschichte und Gegenwart auseinanderzusetzen. Die Unbestimmtheit, die sich hinter den Barockfassaden der Schloss-Imitation bislang zeigt, eröffnet viel Platz, für eine Auseinandersetzung mit der Geschichte. Dass auf der Kuppel des Humboldt-Forums ausgerechnet eine Inschrift eingraviert wurde, die zur Unterwerfung der Welt unter das Christentum anspornt, mag eine Gedankenlosigkeit der Bauherren sein. Sie kann aber auch als Appell verstanden werden, die Betroffenen dazu einzuladen, sich über das Unrecht der kolonialen Vergangenheit auszutauschen. Zur Eröffnung am Mittwoch war viel von der Verpflichtung zu demokratischen Werten, Meinungsfreiheit und Toleranz die Rede. Wenn unter dieser Kuppel tatsächlich ein ernsthafter Dialog mit anderen Kulturen gelingen sollte, hätte das Humboldt-Forum seine zeitgemäßen Bestimmung gefunden. Lesen Sie dazu auch: Was passiert im Humboldt-Forum? Von Mathias Richter