Brandenburg/Havel: Die Firma Oxford PV treibt Solarzelle zum Weltrekord

Das Unternehmen Oxford PV mit Sitz in Brandenburg an der Havel und Oxford hat einen Weltrekord aufgestellt. Genauer gesagt, einen Effizienzrekord für die selbst entwickelten Solarzellen, die aus Perowskit und Silizium bestehen. Der unter Laborbedingungen erreichte Rekordwirkungsgrad von Perowskit-Silizium-Tandemzellen liegt bei 29,52 Prozent. Zertifiziert hat ihn das US-amerikanische Erneuerbare-Energien-Labor mit dem englischen Namen National Renewable Energy Laboratory (NREL). Marke gesetzt: „Wir haben damit eine Marke gesetzt“, sagt Oxford-PV-Vorstand Frank Averdung. Der Rekord liegt um knapp 0,4 Prozent höher als die 29,15 Prozent Wirkungsgrad, die das Helmholtz-Zentrum Berlin vor einem Jahr erreicht hat. Nicht nur die Fachwelt berichtet darüber, sondern auch zum Beispiel die berühmte englische Tageszeitung Daily Telegraph. Allerdings wissen die Brandenburger, wie sie die Bestmarke einzuordnen haben. Die knapp 30 Prozent wurden unter Laborbedingungen erreicht mit einer nur 1,12 Quadratzentimeter großen Zelle. Eine Zelle in handelsüblichen Modulen ist mehr als 200 Mal so groß. Frank Averdung zufolge liegt die Effizienz des eigenen Produkts, dessen Massenfertigung in einem guten Jahr in Hohenstücken beginnen soll, derzeit zwischen 26 und 27 Prozent. Der Firmenchef hält eine Effizienzsteigerung von einem halben bis einem ganzen Prozent pro Jahr für realistisch. Den aktuellen Labor-Rekordwert von Perowskit-Silizium-Tandemzellen haben die Oxford-PV-Spezialisten nach „vielen Versuchen, vielen Versuchen in kontinuierlicher Entwicklungsarbeit“ erzielt, berichtet der Unternehmer. Serienproduktion beginnt später: Einen solchen Wirkungsgrad auch in großem Maßstab zu erreichen ist das Ziel. Frank Averdung rechnet damit, dass es etwa drei Jahre nach dem Start der Serienproduktion in der Brandenburger Fabrik so weit sein kann. Was den Starttermin angeht, hat die Corona-Pandemie das Unternehmen zurückgeworfen. Zwischen März und Mai musste die Fabrik geschlossen werden. Der aufwendige Umbau in der Fabrik hat sich nach Averdungs Worten coronabedingt verzögert. Die Arbeiten der einzelnen Gewerke sollten ineinandergreifen, doch das Virus hat einen Strich durch diese Rechnung gemacht. Von 75 auf bis zu 150 Beschäftigte: Ehe der Umbau nicht abgeschlossen und abgenommen ist, kann die Firma an einen Produktionsstart denken, auch wenn die Maschinen weitgehend bereitstehen. Aktuelles Ziel ist, in der Fabrik im ersten Quartal 2022 mit zunächst einer Schicht zu beginnen und schrittweise auf einen Vier-Schicht-Betrieb hochzufahren. Aktuell sind rund 75 Beschäftigte in Hohenstücken tätig. Die nächste größere Einstellungswelle ist in zeitlicher Nähe zum Serienproduktionsstart in etwa einem Jahr vorgesehen. Averdung stellt eine Belegschaft von 130 bis 150 Brandenburger Beschäftigten in Aussicht, die die in Oxford entwickelten Produkte kommerzialisieren. Flaggschiffprodukt: Die Corona-Pandemie empfindet der Firmenchef zwar als einen gewissen Rückschlag auf diesem Weg. Doch große Sorgen um den Markterfolg der Perowskit-Silizium-Tandemzellen macht er sich offenkundig nicht. Corona habe auch die Wettbewerber getroffen, sagt er. Zudem bediene das eigene Produkt ein ganz bestimmtes Marktsegment. „Wer das Beste auf seinem Dach will, wird sich für unser Flaggschiffprodukt entscheiden“, sagt der Manager zuversichtlich. Seit März muss er wegen der Ansteckungsgefahren auf seine regelmäßigen Besuche in Oxford ansässigen Entwicklungsabteilung mit rund 50 Technikern verzichten. Doch immerhin sind er selbst und die Belegschaft von Infektionen bisher verschont geblieben. Das Modell, im Wochenwechsel mit verschiedenen Besetzungen zu arbeiten, habe sich bewährt. Vereinzelt hätten sich Mitarbeiter allerdings in Quarantäne begeben müssen. Von Jürgen Lauterbach