Detektive mit Spaten: So erforschen Archäologen die Vergangenheit in Brandenburg an der Havel

Archäologen sind Detektive, die die Geheimnisse der Vergangenheit aufdecken. Durch ihr Wirken erfahren wir heutigen Menschen, wie unsere Vorfahren gelebt und sich kulturell entwickelt haben. Auf Einladung des Historischen Vereins Brandenburg ließen einige Forscher im Rolandsaal des Altstädtischen Rathauses interessierte Brandenburger an ihrer Arbeit im vergangenen Jahr teilhaben. Insgesamt wurden im Vorjahr in der Stadt 85 Dokumentationen durchgeführt. Torsten Trebess berichtete von der Entdeckung einer neolithischen Siedlung am Rand von Kirchmöser-Dorf. Neben den neolithischen Fundplätzen auf der Eigenen Scholle und in Neudorf handelt es sich hierbei um die ältesten Funde von Hinterlassenschaften der sesshaften Ackerbauern und Viehzüchter in Brandenburg. Scherben aus der Zeit um 5600 vor Christus: Die gefundenen Scherben der so genannten Linienbandkeramik werden auf die Zeit um 5600 vor Christus datiert. Derartige Fundstücke wurden immer in der Nähe von Gewässern gefunden und belegen, dass es entlang der Havel eine leichte Besiedlung bis nach Rathenow gab. Stefan Dalitz hat die Baugrube der Villa Wiesike untersucht. Dort hat er nicht nur neolithische Scherben gefunden, die Muster von besonderer Schönheit aufweisen. Rätsel gibt eine slawische Keramikbrenngrube auf, die dort ebenfalls entdeckt wurde. Verkohlte Holzscheite, eine Lehmwanne mit Topf, und Steinen. Doch wozu dienten die Steine? Sollten sie die Wärme speichern? Experiment im Slawendorf: Dalitz stellte mehrere Ofentypen vor und erläuterte, dass in Brandenburg an der Havel kein einziger Töpferbrennofen gefunden worden sei. Seine Vermutung: Die Brenngruben wurden für mehrere Zwecke genutzt. Er berichtete von einem Brenn-Experiment, das 2001 im Brandenburger Slawendorf durchgeführt wurde. Dort wurde eine ein Meter tiefe Grube mit Holz ausgekleidet, Keramik eingestapelt und baulich für Luftabzüge gesorgt. Ein von oben brennendes Lagerfeuer wurde sechs bis sieben Stunden lang betrieben, das anschließend mit Erde abgedeckt wurde und vier Tage lang abkühlte. „Das Ergebnis war verstörend. Die Töpfe und Näpfe waren fleckig, aber extrem durchgeglüht, offenbar viel zu heiß geworden, so dass sich eine Brennhaut auf der klingend harten Keramik gebildet hat“, so Dalitz. Grubenhaus unter dem alten Domcafé entdeckt: Die nahe der Wiesike-Villa gefundenen Keramikscherben entsprächen dem Ergebnis dieses Experiments, berichtete er. In einem kleinen Exkurs erzählte Dalitz die Entstehungsgeschichte des Slawendorfes und plädierte für seinen Erhalt, da es sich als erfolgreiche Bildungseinrichtung bewährt habe und ein touristischer Magnet sei. Ein besonderes Erfolgserlebnis konnte auch Dietmar Rathert verbuchen. Unter dem Kellerfußboden des Hauses Domkiez 12 , das frühere Domcafé, hat er ein mittelslawisches Grubenhaus untersucht. Besonders spannend waren die Ausführungen von Wolfgang Niemeyer, der nicht nur über Neuigkeiten aus einer Kelleranlage unter Schloss Rogäsen berichtete, sondern ganz aktuell über die Befundlage von der Straßenbaustelle in der Wollenweberstraße. Den zweistündigen Jahresrückblick beschloss Joachim Müller mit Ergebnissen aus der Kapellenstraße. Von Ann Brünink

Brandenburg an der Havel - Detektive mit Spaten: So erforschen Archäologen die Vergangenheit