Domkantor lud zum Karfreitagskonzert in den Brandenburger Dom

Die Landesmusikräte haben sie zum Instrument des Jahres 2021 gekürt. Mit ihrer Wahl wollen sie wie jedes Jahr die Aufmerksamkeit für ein anderes Instrument wecken und ihm zu neuer Popularität verhelfen. Dass die Stadt Brandenburg über eine reiche Orgellandschaft verfügt, ist bekannt. Hervorragende Interpreten finden in St. Katharinen, St. Gotthardt und im Dom klangreiche Instrumente, mit denen sie die kompositorische Vielfalt zwischen Bach und unserer Gegenwart lebendig werden lassen können. Domkantor Marcell Fladerer-Armbrecht hat sich vorgenommen, bis zum Jahresende 2023 das gesamte Bach’sche Orgelwerk auf der Wagner-Orgel des Brandenburger Doms zu präsentieren. „Wer Bachs Orgelwerk als ,absolute Musik‘ hört, der ist beeindruckt von der Empfindsamkeit der Musik trotz oder gerade wegen aller Formvollendung. Wem es hingegen gegeben ist, die transzendentale Dimension zu erahnen, dem öffnet sich ein Fenster zur Ewigkeit“, sagt der Domkantor. Das komplexe musikalische Wunderwerk, die Domorgel, wurde in den Jahren 1722 bis 1725 vom märkischen Orgelbaumeister Joachim Wagner erbaut, also während der Zeit Johann Sebastian Bachs, dem bedeutenden Komponisten, der einen ganzen Kosmos an Orgelmusik geschrieben hat. Der barocke Klang der Wagner-Orgel steigt zwar aus der Tiefe der Geschichte hervor, doch ist er auch heute noch klar, frisch und facettenreich. Er ist natürlich der Kunstfertigkeit des Meisters Wagner zuzuschreiben, doch auch der Orgelbauer von heute, die das kostbare Instrument in ihrer pflegerischen Obhut haben. Natürlich sind auch Organisten vonnöten, die der Orgel mit großer Sensibilität und Demut begegnen. Wolfgang Fischer, Christoph Krummacher, Matthias Passauer sowie Marcell Fladerer-Armbrecht haben in Vergangenheit und Gegenwart als Domorganisten mit großer Verantwortung ihre „Königin“ gehegt und gepflegt. Schließlich stellt sie den Interpreten einen reichen Fundus an Klangfarben zur Verfügung. Während der traditionellen Musikalischen Andacht zur Sterbestunde Jesu am gestrigen Karfreitagnachmittag hat Marcell Fladerer-Armbrecht die Gesamtschau im Dom eingeleitet. Mit Bach’scher Orgelmusik, so wurde es wieder erlebbar, betritt man den weiten Raum des Glaubens. Die Partita über den Passionschoral „Sei gegrüßet, Jesu gütig“ BWV 768 und die Geschichte vom Leiden und Sterben Jesu, die Dompfarrerin Susanne Graap aus dem Markus-Evangelium wählte, wechselten miteinander ab. Mit innerer Teilnahme haben Organist und Pfarrerin mit ihren spezifischen Mitteln das Geschehen vor 2000 Jahren wiedergegeben beziehungsweise reflektiert. Susanne Graap sprach ohne salbungsvollem Pathos, sondern mit schöner Natürlichkeit. Marcell Fladerer-Armbrecht machte sich die klanglichen Möglichkeiten der Wagner-Orgel in beeindruckender Weise zu Eigen, so dass die elf Variationen der Partita abwechslungsreich mit einem klugen Wechsel zwischen organo-pleno und stilleren Registrierungen zu hören waren. Dann waren noch das meditative Harmonische Labyrinth, BWV 59 zu hören. Das dramatisch angelegte Präludium und Fuge in e-Moll BWV 548 rahmte die Andacht ein. Die schwerblütige Expressivität und auch die locker perlende Virtuosität des Werkes sind von überbordender überbordender Ausdruckskraft, deren Interpretation Marcell Fladerer-Armbrecht überaus gerecht wurde. Man kann mit Recht von dem Domkantor weitere Bach- Orgelkonzerte in den kommenden zwei Jahren erwarten, die sicherlich zu den Höhepunkten des Brandenburger Musiklebens gehören werden. Von Klaus Büstrin