Extravagantes Hörspiel: Katharina Burges neues Album ist ein künstlerisches Abenteuer

Katharina Burges jüngstes Album ist ein Novum, wie sie selbst sagt. Denn darauf singt die vor allem dank ihrer vielseitigen Stimme bekannte Künstlerin keinen einzigen Ton. Stattdessen hat „Stücke meiner Nächte“ den Charakter eines Kammerspiels. Entwurf einer Seelenlandschaft: Dem Album zugrunde liegt das fast 200 Gedichte umfassende Buch „Und traumlos sind mir Schlaf und Wachen“ von Ulla Burges. Nach dem Kindermärchen „Knochigunde“ hat Katharina Burges sich zum zweiten Mal Texten ihrer Mutter genähert und sie musikalisch eingebettet. „Kompositorisch gesehen sind es keine Lieder auf dem Album. Es ist der Entwurf einer Klangwelt, einer Seelenlandschaft mit vielen kleinen elektronischen Einspielungen“, beschreibt sie. „Dort gibt es kein einziges echtes Instrument außer dem Klavier und der Violine – und meine Stimme.“ Sie wollte eine klangliche Atmosphäre zu schaffen, die Texte unterstützen und exponieren, sagt Katharina Burges. Dazu trägt sie die Verse vor – eine Arbeit, die ihr großen Spaß bereitet hat. „Wenn man nur rezitiert, hat man mehr Möglichkeiten, weil man nicht an einen vorgegebenen Notentext gebunden ist“, beschreibt die Künstlerin. „Da kann man schauspielern und das mag ich sehr.“ Album hätte es ohne Corona-Krise nicht gegeben: „Stücke meiner Nächte“ umfasst elf Gedichte ihrer Mutter und einen eigenen Text. „Ich habe mir die heraus genommen, bei denen ich meine eigene Biographie empfinden, untermalen und darstellen konnte“, sagt Burges. Beim gemeinsamen Interview mit dem Label merkte sie: „Meine Mutter hatte völlig andere Intentionen und Beweggründe und ich habe da etwas eigenes draus gemacht“. Das Album ist über lange Zeit gewachsen. Ohne die Corona-Krise, so sagt die Künstlerin, hätte es das Album wohl nicht gegeben. „Es war eine große kreative Chance“, meint sie. Denn normalerweise – bei straffem Terminplan und vielen Auftritten – bleibt wenig Zeit für die kompositorische Arbeit. „Doch die liebe ich sehr.“ Einziges Manko: „Es ist mir zu kurz“: Mit dem Resultat ihrer Arbeit ist Burges spürbar zufrieden. „Ich freue mich sehr, dass das Grenzton-Label das unter seiner Fittiche genommen hat“, sagt sie und lobt darüber hinaus die künstlerische Covergestaltung von Grafiker Carsten Schmidt, ebenso wie die außergewöhnlichen Fotos von Torsten Limberg im Booklet. Wenn es ein Manko am Album gibt, dann eines: „Es ist mir zu kurz“. „Beim nächsten Mal werden es 20 Stücke mehr“, meint die Künstlerin. „Es gibt viel Material und meine Einfälle werden nicht weniger.“ Ob „Stücke meiner Nächte“ es als Live-Inszenierung auf die Bühne schafft, weiß sie noch nicht. „Es müsste komplett uminstrumentiert werden, denn es ist so schlecht mit echten Instrumenten umsetzbar“, sagt Burges. Doch ganz lässt sie der Gedanke nicht los. Denkbar wäre daher, den Sound abzuspielen und nur dazu zu rezitieren. „Das wäre anders, aber es würde auch wirken“, denkt Burges. Ihr neues Werk ist ab 4. September im Handel erhältlich. Kritiker von „Buch und Ton“ nennen es „extravagant und avantgardistisch“. „Dieses Album fordert Zeit vom Hörer, Zeit für Offenheit und Zeit für Besonderes. Wenn man sich diese Zeit nimmt, dann entfalten die „Stücke meiner Nächte“ eine ganz besondere Kraft und Anziehung“, schreibt das Online-Musikmagazin. Knapper fasst es Sebastian Pietsch, Solo-Fagottist der Brandenburger Symphoniker. So sei das Album „allerfeinstes Hörkino, ohne eigentliche Story“. Von Antje Preuschoff