Familienhebamme heißt Neu-Brandenburger willkommen

„Wenn ein Kind auf die Welt kommt, stürmt soviel auf die Eltern ein“, weiß Brandenburgs Amtsärztin Tatjana Wegert. Daher ist sie froh darüber, dass die Stadt mit Katja Löper eine Familienhebamme hat, die die Eltern bei diesem Ansturm unterstützen kann. Seit 2012 ist Katja Löper im Einsatz. Das Angebot der Familienhebamme wurde von den Stadtverordneten 2008 als Bestandteil des präventiven Kinderschutzes beschlossen. Lange war unklar, wie die Stelle in der Havelstadt finanziert werden kann. Angebunden ist sie nun am Städtischen Klinikum. Allerdings sitzt Katja Löper in der Stadtverwaltung beim Gesundheitsamt. Sie arbeitet darüber hinaus Hand in Hand mit vielen anderen, zu denen das „Netzwerk Gesunde Kinder“ oder auch Träger der Familienhilfe zählen. Begrüßungsbesuche für alle Babys: Hauptaufgabe der Familienhebamme sind die so genannten Begrüßungsbesuche. Sie werden allen Familien mit Neugeborenen in der Stadt angeboten. Ob eine Familie das wahrnehmen möchte, bleibt ihr dabei allein überlassen. „Sie bekommen nach der Geburt einen Brief mit einem Terminvorschlag“, sagt Löper über das Prozedere. 591 dieser Einladungen sind 2019 verschickt worden. 384 Eltern haben das Angebot angenommen. Mit rund 65 Prozent sind das mehr als zu Beginn, als knapp die Hälfte der Eltern erreicht wurde. „Die, die es nicht annehmen, haben in der Regel schon mehrere Kinder oder sehen keinen Bedarf“, sagt die Familienhebamme. Ihr Begrüßungsbesuch schließt im Prinzip nahtlos an die Hilfestellungen der freiberuflichen Hebammen an. Die sind normalerweise bis zur zwölften Woche der Babys zuständig. Katja Löper kann im Bedarfsfall bis ein Jahr nach der Geburt vorbeischauen. Zum ersten Besuch bringt sie eine Glückwunschkarte aus dem Rathaus mit und nimmt sich der Fragen und Sorgen rund um den Familienzuwachs an. Die haben sich im Laufe der Jahre nicht allzu sehr verändert, sagt Katja Löper. „Meist geht es um die Babyernährung, die Frage nach dem (Ab-)Stillen oder Hautprobleme wie Milchschorf“, sagt sie. Zudem tauche die Frage nach einem Krippenplatz schon sehr früh auf. Stoffwindeln sind großes Thema: Neben den praktischen Hilfestellungen, lotst Katja Löper die Eltern durch das Gesundheits- und Sozialwesen. Sie benennt Ansprechpartner in den Einrichtungen, gibt eine Übersicht über Beratungsstellen oder Auskunft zu Ärzten. Außerdem bringt sie Flyer zu Angeboten wie Babyschwimmen, PEKIP (Prager Eltern-Kind-Programm) oder zu Krabbelgruppen mit. Neuerdings treibt zudem viele Eltern die Frage nach der Umstellung auf Stoffwindeln um, verrät Löper. Aus ihrer Sicht seien hier Konzepte wie in der Stadt Tübingen überlegenswert. Dort erhält jede Familie, die ihr Kind mit waschbaren Windeln wickelt, vom örtlichen Abfallwirtschaftsbetrieb einen einmaligen Zuschuss von 30 Euro. Das soll den Gebrauch von Einwegwindeln und damit Restmüll reduzieren. „Es wäre schön, wenn es hier auch einen Sponsor geben würde, der die Umstellung unterstützt“, findet Katja Löper. Laut Amtsärztin Wegert wird das nicht so leicht, zumal der Einsatz von Stoffwindeln auch eine Glaubensfrage sei. Zumindest für die Stadt selbst schließt Wegert eine Unterstützung aus. „Die Stadt ist klamm“, meint sie. Aus Sponsorenmangel werden mittlerweile auch keine Begrüßungslätzchen mehr an die Familien verschenkt, wie es noch in den Anfangsjahren der Fall war. Einzig die Glückwunschkarten zur Begrüßung können noch finanziert werden. Immer mehr Familien auf dem Zettel: Die Eltern, die den Begrüßungsbesuch freiwillig annehmen, sind häufig gut informiert, weiß Löper. Hier schaut sie in der Regel nur dieses eine Mal vorbei. Anders sieht es bei denen aus, die ihr zunehmend von Trägern der Familienhilfe vermittelt werden. „Das sind Familien, die von sich aus weniger den Wunsch nach Unterstützung haben. Bei ihnen sehen eher andere den Hilfebedarf“, beschreibt Amtsärztin Wegert. Hier sei die Position der Hebamme sehr hilfreich. „Katja Löper öffnet mit ihrer Profession eher die Tür, als das Jugendamt es vielleicht könnte“, meint Wegert. „Die Familie soll nicht das Gefühl haben, hier kommt wieder eine Kontrolle vorbei“, sagt sie. „Diese Familien besuche ich häufiger und länger“, führt Löper aus. „Die Eltern haben hier meist gar keine Fragen. Da gebe eher ich grundlegende Tipps und Hinweise, etwa, wie das Köpfchen zu halten ist“, sagt sie. „Bei den meisten kommen meine Hinweise schon an“, meint die Familienhebamme. Das gilt ebenfalls für ihre Hilfestellung in Flüchtlingsfamilien. Auch hier ist Löper seit einiger Zeit im Einsatz. „Mittlerweile werde ich schon direkt angerufen und gebeten, mich um die Nachsorge zu kümmern“, berichtet sie. Aktuell besucht sie eine Familie im Übergangswohnheim und drei Familien in den eigenen vier Wänden. Katja Löper freut sich, dass ihr Angebot nun Familien erreicht, die bisher weniger für sie in Erscheinung getreten sind. „Der Job ist abwechslungsreicher geworden“, sagt die Familienhebamme dazu. Sie genieße es zudem, diese kleinen Neu-Brandenburger länger zu begleiten und ihnen damit einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Von Antje Preuschoff

Brandenburg an der Havel - Familienhebamme heißt kleine Brandenburger willkommen