Die Polizei hat am vergangenen Freitagabend den gesuchten Patienten der Gerichtspsychiatrie in Brandenburg/Havel in den Niederlanden gefasst. David S. (27) war am 19. Juli gegen 12 Uhr während eines begleiteten Ausgangs des Maßregelvollzugs in der Sankt-Annen-Straße in der Brandenburger Innenstadt entkommen.
Einsatzkräften der niederländischen Polizei gelang es am Freitagabend gegen 21.30 Uhr, David S. im 630 Kilometer entfernten Delft nahe der holländischen Nordseeküste festzustellen, gelegen zwischen Den Haag und Rotterdam.
630 Kilometer zur Nordseeküste
Was den Brandenburger Psychiatrie-Patienten ausgerechnet in die alte niederländische 100.000-Einwohner-Stadt verschlagen hat, vermochten an diesem Wochenende weder die Brandenburger Polizei noch deren Kollegen vom Bundeskriminalamt zu erklären. Die berühmten Delfter Kacheln werden es wohl nicht gewesen sein.
Die Polizei in Den Haag will mit ihren Kollegen in Delft versuchen, die näheren Umstände des Auffindens und der Festnahme der Deutschen in den kommenden Tagen aufzuklären.
Überstellung nach Deutschland
Soweit der Brandenburger Polizei am Sonntag bekannt war, befindet sich David S. noch immer in den Niederlanden. Vorgesehen ist dessen Überstellung nach Deutschland und die anschließende erneute Unterbringung im Maßregelvollzug, also dem psychiatrischen Krankenhaus für psychisch gestörte Straftäter. Wann das geschieht ist noch offen.
Ungeklärt ist auch noch, wie die niederländischen Beamten aufmerksam wurden, dass sich der flüchtige Mann von allen Orten dieser Welt ausgerechnet in Delft aufhielt und wie sie ihn dort ausfindig gemacht haben. Gesucht wurde er mit einem europaweiten Haftbefehl.
Nach Kontrolle durchgedreht
Von Straftaten, die er auf der Flucht begangen haben könnte, ist bislang nichts bekannt. David S. stammt aus Baden-Württemberg. Ende November 2014 drehte der junge Mann bei einer Fahrkartenkontrolle im ICE nahe dem havelländischen Nauen durch. Er zog seinerzeit eine Schreckschusspistole und schoss um sich.
Verletzt wurde niemand, aber der Mann hatte den Zugchef und mehrere Passagiere bedroht. Einigen Passagieren gelang es schließlich, ihn zu überwältigen. Im folgenden Prozess war die Staatsanwaltschaft David S. erpresserischen Menschenraub vor, weil er auch Lösegeld gefordert hatte.
Flucht an sich ist nicht strafbar
Wegen seiner Flucht allein wird der Staat ihm keinen neuen Prozess machen können. Das könnte aber geschehen, falls David S. während seiner Flucht neue Straftaten begangen hätte. Der Patient muss damit rechnen, dass er in der Maßregel künftig deutlich weniger Freiheiten genießen wird und vorerst keinen Ausgang mehr bekommt.
Von Jürgen Lauterbach