Impf-Chaos: Kornmesser (SPD) arbeitet sich an Tiemann (CDU) ab

„Endlich wird auch bei uns im Stahlpalast geimpft“, lässt die SPD-Landtagsabgeordnete Britta Kornmesser nun die Öffentlichkeit an ihrer Begeisterung teilhaben, nachdem das Impfzentrums im Stahlpalast eröffnet worden ist. Um dann gleichen Atemzug zu fordern: „Der Bund muss jetzt liefern!“ Wie berichtet, war Anfang der Woche das Impfzentrum mit einigem Tamtam und großem Auflauf an lokaler und regionaler Politik- und Verwaltungsprominenz eröffnet worden. Das Problem: 70 Impfärzte stehen bereit, die Logistik steht, das DRK steht in den Startlöchern. Kaum Wirkstoff, keine Termine: Doch es gibt keinen oder nur sehr wenig Impfstoff (MAZ berichtete). Laut Kornmesser wurden im Land Brandenburg zwar bereits mehr als 68.000 Menschen geimpft. Jedoch in Brandenburg an der Havel kommt das Impfgeschehen bisher nicht in Schwung. Es gibt nicht einmal Termine, die sich die über 80-Jährigen in stundenlangen Telefonmarathons sichern können. Das Land und die Koalition aus SPD, CDU und Grünen sieht Kornmesser dafür nicht in der Verantwortung. Sie ist sich sicher: „Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat das Land jetzt seine Hausaufgaben gemacht. Die erforderliche Infrastruktur ist betriebsbereit.“ Für die SPD-Fraktionsvorsitzende in der SVV liegen die Verantwortlichkeiten an andere Stelle: „Ausgerechnet jetzt stockt der Nachschub an Impfstoff durch den Bund. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern gefährdet Menschenleben und führt zu Unverständnis bei den Menschen.“ Nun dürfte auch Kornmesser nicht verborgen geblieben sein, dass der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Länder und Kommunen bereits im Sommer 2020 aufgefordert hatte, die Infrastruktur bis Dezember bereit zu stellen, da der Bund dann mit Impfstoffen rechnete. Gleichwohl nimmt sich Kornmesser die Bundestagsabgeordnete Dietlind Tiemann (CDU) zur Brust und fordert sie auf, sie solle sich „für die Belange der Brandenburger einsetzen“. Nun war Tiemann seit Wochen die einzige wahrnehmbare, kritische Stimme der Havelstadt, die in Berlin, im Internet und per Pressemeldungen die Schwachstellen der Impfpolitik benannt hatte und zu mehr Eile mahnte. Britta Kornmesser glaubt gleichwohl der grünen Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher beispringen zu müssen, um sie vor Tiemanns Kritik zu schützen. Kornmesser: „Ihre Angriffe in den sozialen Medien auf die Landesregierung und vor allem Gesundheitsministerin Nonnemacher in den letzten Tagen waren unangemessen und sollen wohl vom eigentlichen Hauptproblem ablenken.“ Das Land habe geliefert. „Nun wäre es an Frau Tiemann, sich dafür einzusetzen, dass vom Bund der erforderliche Impfstoff in ausreichendem Umfang bereitgestellt wird und hier vor Ort deutlich mehr geimpft werden kann!“ Tiemann: Fingerzeige von Landespolitikern bringen wenig: Das Verhältnis von Tiemann und Kornmesser gilt als unterkühlt. Und so nimmt es nicht wunder, dass Tiemann Kornmesser mit keinem Wort persönlich erwähnt als sie auf deren Kritik reagiert. „Bund und Länder arbeiten bei der Umsetzung der Impfstrategie zusammen. Maß und Ziel muss es sein, den Impfstoff schnell in die Bevölkerung zu bringen, da bringen persönliche Fingerzeige von Landespolitikern wenig“, schreibt sie. Die EU war und ist für die Impfstoffbeschaffung zuständig, „die Länder sind für den Aufbau der Impfzentren und mobilen Impfteams und damit für die Verteilung der Impfstoffe verantwortlich.“ Ihre Kritik vom 10. Januar (MAZ berichtet) habe sich auf die verspätete Öffnung der Impfzentren und der mobilen Impfteams bezogen und „auf die geringe Anzahl der Impfzentren an sich.“ Jens Spahn habe gefordert, die Impfzentren sollten bis Mitte Dezember einsatzbereit sein. „Meine zeitgleich geäußerten Lösungsvorschläge hatte Ministerin Nonnemacher dann dankenswerterweise bei ihrem Strategiewechsel berücksichtigt“, schreibt Tiemann. Inzwischen ist die Impfsituation im Land „zum Glück eine bessere, wie Statistiken meines Büros belegen“, sagt Tiemann. Am 14. Januar lag das Land Brandenburg bei einer Impfquote von 7,8 pro 1000 Einwohnern. Von möglichen 58.500 Dosen wurden nur 19.590 verimpft. Mecklenburg-Vorpommern wies da bereits eine Quote von 18,1 auf und verimpfte von 43.875 bereits 29.100 Dosen. „Dass sich das gebessert hat, ist auch das Ergebnis des vielfachen öffentlichen Drucks – auch von mir – und des daraus folgenden Strategiewechsels des Gesundheitsministeriums im Land“, sagt Dietlind Tiemann. Von Benno Rougk