Krieg, Bombenterror und eine dramatische Flucht haben sich tief in die Erinnerungen von Ahmad Manla eingebrannt. „Wir können nicht mehr in unsere Heimat zurück. In Aleppo sind viele Menschen durch den Krieg verunglückt, die Stadt ist größtenteils zerstört. Bis heute leidet unser Sohn Mohamad an den Folgen eines Bootsunglücks“, sagt der 39-Jährige.
Drei Tote bei Flucht mit dem Schlauchboot
Seit 2017 lebt Ahmad Manla mit seiner Familie in Hohenstücken, der Syrer erinnert sich an die monatelange Flucht durch verschiedene Staaten. Dabei gelangen die Manlas zunächst in die Türkei und wollen mit einem Schlauchboot das Mittelmeer in Richtung Griechenland überqueren.
41 Menschen sitzen in dem Transportmittel, während der Überfahrt folgt dann der Schock. „Jemand stach ein Messer in das Boot, wir wissen bis heute nicht, wer das war. Das Boot begann zu sinken, Panik brach aus. Es wurde hektisch, nicht jeder hatte eine Schwimmweste dabei, drei Menschen starben“, sagt Ahmad Manla.
Kind wird wiederbelebt
Sein Sohn Abdulhadi hält sich während des Unglücks zwar an Mutter und Vater fest, den damals sechs Jahre alten Mohamad verlässt aber zwischenzeitlich die Kraft. Er droht zu ertrinken und liegt mit dem Kopf im Wasser.
Dabei sinkt seine Zunge zurück in den Rachen und blockiert seine Atemwege. Mohamad wird bewusstlos und merkt nicht mehr, wie Mitarbeiter der türkischen Küstenwache die Flüchtlinge aufs Festland evakuieren.
Lernbehinderung und Konzentrationsstörung
Zwischenzeitlich beleben türkische Polizisten den Jungen wieder. „Da die Sauerstoffzufuhr zu seinem Gehirn unterbrochen war, ist er gesundheitlich beeinträchtigt. Er hat eine Lernbehinderung, Konzentrationsstörungen und redet etwas langsamer“, sagt sein Vater Ahmad. Obwohl ihre erste Flucht scheitert, gibt die Familie Manla nicht auf und wagt sechs erneute Versuche.
Erst nach monatelangen Planungen schafft es die Familie Manla von der Türkei nach Griechenland, wo sie mehrere Monate in einem Flüchtlingslager lebt. Die Familie fliegt später nach Schweden, reist nach Dänemark und fährt mit dem Zug nach Hamburg.
Seit 2017 in Brandenburg an der Havel
Nach Aufenthalten im südbrandenburgischen Doberlug-Kirchhain und in Eisenhüttenstadt kam die Familie 2017 nach Brandenburg an der Havel. „Wir haben unsere Hoffnung nie aufgegeben. Unser Wunsch war und ist es, ein besseres Leben ohne Angst zu führen. Wir fühlen uns wohl in Hohenstücken und die Kinder lernen hier viel“, sagt der 39-Jährige.
Er betont, dass ein normaler Schulalltag für die Kinder wegen den Zerstörungen in Aleppo nicht mehr möglich war und freut sich, dass seine Söhne Abdulhadi, Mohamad und Tochter Lana die Gebrüder-Grimm-Grundschule besuchen.
Fußballbegeisterte Kinder
„Wir haben schon viele Freunde gefunden“, sagt der Elfjährige Abdulhadi. Er mag Mathematik, Sport und spielt gemeinsam mit seinem Bruder Mohamad bei Viktoria Brandenburg Fußball. „Ich bin ein Fan von Christiano Ronaldo, mein Bruder aber von Lionel Messi. Und wir probieren immer alle Tricks aus “, sagt der Grundschüler.
Traum von einem neuen Fahrrad
Die Brüder haben nicht viele Wünsche, träumen aber von einer Erkundungstour durch den Stadtteil mit einem neuen Fahrrad. „Ein blaues BMX gefällt mir am besten. Unsere ersten Ziele wären dann die Grundschule und der Skatepark“, sagt der elfjährige Abdulhadi.
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In Hohenstücken haben die Mitglieder der Familie Manla eine Heimat mit neuen Traditionen gefunden. Sie veranstalten einmal in der Woche einen arabischen Kochabend mit Nachbarn, bei der auch die als „Kleiderursel“ bekannte Ehrenamtlerin Nancy Petsch dabei ist.
Wehmut und der Wunsch nach Frieden
Doch nicht immer sind die Abende zwischen Hähnchenbrustfilet mit Kartoffeln und gefüllten Teigtaschen unbeschwert, wenn die Erinnerungen an die Zeit in Aleppo hochkommen. Die Kinder vermissen ihre Großmutter Zoraia, Vater Ahmad seine Schwester Abir.
Er ist still, als die Kinder im Wohnzimmer spielen und lachen. „Ich hoffe einfach nur, dass meine Familie und Kinder gesund sind bleiben und hier in Frieden aufwachsen können“, sagt der 39-Jährige.
Von André Großmann