Rechtsextremismus: Zweitwohnung eines 18-Jährigen durchsucht

Das Brandenburger Mitglied der an diesem Dienstag von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verbotenen Neonazi-Gruppierung Nordadler ist eher ein Jungvogel. Erst 18 Jahre alt und polizeilich noch nicht in Erscheinung getreten. Am frühen Dienstagmorgen hat die Polizei zwei Wohnungen des jungen Mannes durchsucht und ihm selbst eine Verbotsverfügung zugestellt. Der 18-Jährige stammt aus dem südbrandenburgischen Elbe-Elster Kreis, wo er seinen Hauptwohnsitz hat. Weil er einen weiteren Aufenthaltsort in Brandenburg an der Havel hat, erschien es der Polizei sinnvoll, im Zuge der Razzia auch die dortige Bleibe in der Walzwerksiedlung zu durchsuchen. Für die Ausbildung in der Stadt: Die Razzia gegen die rechtsextremistische Vereinigung erstreckte sich über vier Bundesländer, darunter im Land Brandenburg die Orte Doberlug-Kirchhain und Schlieben im Landkreis Elbe-Elster sowie die Stadt Brandenburg an der Havel. Laut Polizeisprecher Herbst wurden drei Stahlhelme, NS-Literatur, ein Laptop, Speichermedien und Mobiltelefone beschlagnahmt. Der gerade volljährig gewordene Mann befindet sich zeitweise in der Stadt, weil er dort laut Polizei eine Ausbildung macht. Die Walzwerksiedlung ist weder weit vom Oberstufenzentrum entfernt noch von der Technischen Hochschule. Keine Führungsfigur: Nach Erkenntnissen der Polizei ist der Brandenburger keine Führungsfigur, sondern ein einfaches Mitglied der jetzt verbotenen rechtsextremistischen Gruppierung, wie Polizeisprecher Torsten Herbst sagt. Auch wenn die Nordadler nicht durch Gewaltaktionen auf der Straße auffallen, sondern ihre Aktivität im Internet läuft, kämpfen sie nach Darstellung der Polizei klar gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Die Gruppierung verfolgt nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums eine nationalsozialistische Ideologie und firmiert auch unter den Bezeichnungen „Völkische Revolution“, „Völkische Jugend“, „Völkische Gemeinschaft“ und „Völkische Renaissance“. Radikalisierung im Digitalen: Dem Mobilen Beratungsteam in Potsdam, das sich mit Rechtsextremismus im Land befasst und dazu berät, sind Aktivitäten der Nordadler bisher nicht aufgefallen, etwa durch Demonstrationen oder Mobilisierungen. Laura Schenderlein vom Potsdamer Beratungsteam ist darüber aber auch nicht verwundert. Denn Gruppen wie Nordadler sind miteinander vernetzt im Privatbereich, treten nach außen nicht in Erscheinung. Es gibt dann keine zentrale Organisation, die Mitglieder verteilen sich auf verschiedene Orte. Schenderlein: „Diese Gruppen sind wenig sichtbar, ihre Aktivität wenig prüfbar.“ Die Beraterin nennt das „Radikalisierung im Digitalen“. 2017 gegründet: Die Anfang 2017 gegründete Gruppe Nordadler will laut Bundesanwaltschaft dem Nationalsozialismus in Deutschland zum Wiedererstarken verhelfen. Von Jürgen Lauterbach