Roskower Lokalpolitiker begrüßen harten Kurs gegen Folienspargel

Landwirte, die auf besonders geschützten Flächen Spargel anbauen wollen, müssen künftig dem Landkreis Potsdam-Mittelmark nachweisen, dass die Sonderkultur der Natur und der Vogelwelt nicht schadet. „Für Neuanlagen sehen wir die Spargelbauern in der Pflicht zur Vorlage einer Verträglichkeitsprüfung“, sagte Vize-Landrat Christian Stein (CDU) der MAZ. Im Gegensatz zur Stadt Brandenburg hat der Landkreis jedoch nicht vor, mit Sanktionen gegen Bestandsanlagen vorzugehen. Den Landwirten müsse ausreichend Zeit gegeben werden, um auf die zusätzlichen Auflagen, die sich aus dem Bundesnaturschutzgesetz ergeben würden, zu reagieren, so der 1. Beigeordnete. Stein bekräftigte mit der Ankündigung den schon vor drei Wochen geäußerten Standpunkt der Kreisverwaltung. Indessen wächst die Kritik von Kommunalpolitikern aus der Gemeinde Roskow am großflächigen Anbau von Spargel unter Folie durch das Domstiftsgut Mötzow. „Wir sind nicht gegen Spargel, doch muss alles im Rahmen der Gesetze bleiben. Die von der Stadt Brandenburg veranlassten Anbauverbote sind deshalb nur zu begrüßen. Solch ein konsequentes Handeln erwarten wir auch vom Landratsamt“, sagte Roskows Bürgermeister Thomas Schulz in dieser Woche bei einem Treffen mit Ortsvorstehern sowie Vertretern der Grünen Liga und der Bürgerinitiative „Land unter Folie“. Was den Volksvertretern und Anwohnern in den Gemarkungen Lünow, Grabow und Roskow schon seit Jahren aufstößt, ist unter anderem die lange Zeit, in denen die Spargelreihen mit Folie abgedeckt sind. „Das geht schon im Oktober und November los. Überall sind Folienreste zu finden“, beklagte sich Lünows Ortsvorsteherin Petra Szymoniak. Für Verunsicherung sorgen Mikroplastik und Weichmacher, die vom Sonnenlicht freigesetzt werden und in den Boden gelangen könnten. Weserams Ortsvorsteher Werner Rostek erneuerte seine Kritik am Wassermanagement von Gutspächter Heinrich Thiermann: „Unsere Straßenbäume vertrocknen. Nebenan laufen die Sprenger volle Pulle für den Spargel. Das versteht niemand mehr.“ Rostek monierte insbesondere, dass die Standrohre der Brunnen nicht mit Wasseruhren ausgestattet sind, um die genehmigten Entnahmemengen tatsächlich kontrollieren zu können. Dafür würden sich die Ablesegeräte an den mobilen Aggregaten befinden, so der Ortsvorsteher. Die Grüne Liga und der Naturschutzverband hatten schon 2017 die Untere Naturschutzbehörde in Potsdam-Mittelmark dazu aufgefordert, die Folienbespannung im Europäischen Vogelschutzgebiet „Mittlere Havelniederung“ zu untersagen. „Gesetzlich war das schon geregelt. Doch unter der damaligen Landesregierung wurde nichts davon realisiert. Mit dem neuen Landwirtschaftsminister Axel Vogel wird endlich Recht umgesetzt, so wie es jetzt die Untere Naturschutzbehörde der Stadt Brandenburg getan hat. Daran muss sich endlich auch der Landkreis halten“, forderte Michael Ganschow, Landesgeschäftsführer der Grünen Liga. Ganschow warf den Behörden der Kreisverwaltung eine Verzögerungstaktik bei der Gewährung von Akteineinsicht nach dem Umweltinformationsgesetz vor. Das Domstiftsgut würde unter dem Vorwand des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses Daten zurückhalten. Insbesondere wenn es um die Standorte und Genehmigungen der Brunnen geht, sind die Kritiker misstrauisch. „Es wird getäuscht und getrickst, so dass sich für den Laien kein klares Bild ergibt. Auch in Zukunft werden wir noch viele Frage stellen“, steht für Roskows Bürgermeister Schulz fest. BI-Mitglied Werner Christ sprach von einem „Skandal“ und warf den Kreisbehörden „Versagen“ vor. Recht müsse vor Rendite gehen. Die Menschen müssten darauf vertrauen können, dass Gesetze auch angewendet würden, so der Lünower. Beseitigung droht: Neu aufgeflammt sind die Meinungsverschiedenheiten zum Anbau von Sonderkulturen nach mehreren Ordnungsverfügungen durch die Untere Naturschutzbehörde der Brandenburger Stadtverwaltung. Danach muss Landwirt Thiermann bis Ende Februar rund 35 Hektar Heidelbeeren und eine erste Fläche mit Folienspargel beseitigen. Bis Ende Oktober wurde der Rückbau einer weiteren großen Spargelfläche nördlich von Brandenburg verfügt, weil zuvor keine Genehmigungen für den Anbau eingeholt worden waren. Alle betroffenen Flächen befinden sich im Landschaftsschutzgebiet „Westhavelland“ beziehungsweise im Europäischen Vogelschutzgebiet „Mittlere Havelniederung“. Landwirt Thiermann hat eine gänzlich andere Rechtsauffassung und will den Klageweg gegen die Ordnungsverfügungen beschreiten. Nach Ansicht der Spargelbauern gibt es keine Grundlage für das Verlangen von Verträglichkeitsprüfungen. Anderenfalls sehen sie den Anbau in Schutzgebieten und die Existenz von Betrieben gefährdet. Politische Rückendeckung bekommt Thiermann von den Freien Wählern in der Brandenburger Stadtverordnetenversammlung. So warnte Dirk Stieger unlängst vor den wirtschaftlichen Folgen, sollten die Sonderkulturen tatsächlich zurückgebaut werden müssen. Roskows Bürgermeister gehört ebenfalls dem Netzwerk der Freien Wähler an. „Doch in dieser Frage denken wir anders als die Kollegen in der Stadt“, so Schulz. Von Frank Bürstenbinder