Seltene Porträts von Industriellen-Paar für Sammlung des Stadtmuseums

Als bedeutende Neuerwerbung stuft Kunsthistoriker Jürgen Ostwald die beiden Porträts ein, die die Fielmann AG kürzlich dem Stadtmuseum Brandenburg schenkte. Die Ölgemälde zeigen den Direktor der Fein-Jute-Garn-Spinnerei Arthur Bergmann und seine Ehefrau Ellen Sarah, gemalt von George Mosson. „Die Bilder sind ein doppelter Zugewinn“, freut sich Jürgen Ostwald. „Sie sind sehr frühe Werke des Künstlers und zudem Dokumente der Industriegeschichte der Stadt.“ Bedeutsamer Industriemagnat: Ostwald durchforstet jedes Jahr im Auftrag der Fielmann AG Ausstellungskataloge, um Museen mit passenden Exponaten zu versorgen. Mit einem Etat von 600 000 bis 700 000 Euro jährlich kauft er Kunst an und verteilt sie bundesweit an Einrichtungen, die sich die Anschaffungen selbst kaum leisten könnten. Das Brandenburger Stadtmuseum ist eines davon – und die Hilfe der Fielmann AG kam in diesem Jahr wie gerufen. Denn die beiden Porträts passen bestens in eine für 2021 geplante Ausstellung zur Geschichte der Textilindustrie. Sie sind dem Museum aus norddeutschem Privatbesitz angeboten worden. Arthur Bergmann gründete mit weiteren Anteilseignern 1885 die „Kommandit-Gesellschaft Erste Deutsche Fein-Jute-Garn-Spinnerei Bergmann, Frobeen & Co.“, eine der ältesten Spinnereien in Deutschland. Der Firmensitz lag zwar in Berlin, doch eine der größten Produktionsanlagen befand sich in Brandenburg. Renommierter Künstler: Denn die Spinnerei siedelte sich auf einem 7000 Quadratmeter großen Grundstück an der Bauhofstraße an. Hier entstand die erste Fabrikhalle mit ihren unterschiedlichen Gewerken. Angetrieben wurden mechanische Spindeln mit einer 150 PS starken Dampfmaschine, die Bergmann nach seiner Frau „Ellen“ benannte. 1888 ließ sich der Fabrikbesitzer von George Mosson porträtieren. Der deutsch-französische Maler ist bis heute ein Begriff, er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der „Berliner Secession“. Prominenteste Vertreter der Malervereinigung waren Louis Corinth und Max Liebermann. Doch auch wenn Mosson im Bekanntheitsgrad eher in der zweiten Reihe blieb, lässt er sich malerisch und künstlerisch in die erste Reihe verordnen, sagt Anja Grothe, Leiterin des Stadtmuseums. Die Stillleben des Künstlers werden heute teilweise im fünfstelligen Bereich gehandelt, weiß Kunstkenner Ostwald. Was er für die beiden Porträts aus norddeutschem Privatbesitz bezahlt hat, verrät er jedoch nicht. Neuzugänge sind Bereicherung: Mosson hat den Spinnerei-Direktor Bergmann in einer sehr klassischen Haltung porträtiert – wie ein Patriarch, Fabrikvater, umschreibt es Anja Grothe. „Es hing wahrscheinlich ursprünglich im Kontor“, mutmaßt sie und verrät: „Ölbilder von sich anfertigen zu lassen, ist ein Statement. Wir sehen hier eins“. Zwei Jahre später, 1890, folgte das Porträt von Ellen Bergmann. „Da kommt der französische Einschlag raus“, beschreibt Anja Grothe. Die Engländerin lächelt zurückhaltend, sitzt entspannt auf einem Sessel. Die Bluse mit fluffigem Kragen und roter Mohnblume bezeichnet Grothe zudem als künstlerische Visitenkarte Mossons. Diese beiden Neuzugänge sind in der Sammlung des Stadtmuseums eine Ausnahme. Bislang gibt es in der Einrichtung nur wenige Bilder oder Fotos von für die Industriegeschichte Brandenburgs bedeutsamen Unternehmern aus der Vorkriegszeit oder gar aus dem 19. Jahrhundert. Von Antje Preuschoff