Stark in einer Männerdomäne: Kathleen Brandt ist Gruppenführerin beim THW

Wenn es um das schwere Gerät beim Technischen Hilfswerk (THW) geht, ist in Brandenburg an der Havel eine Frau gefragt: Kathleen Brandt führt die Fachgruppe Räumen beim Ortsverband der Zivil- und Katastrophenschutzorganisation. Dazu fährt und bedient die 40-Jährige alles, was notwendig ist, um die Aufgaben der Gruppe zu erfüllen. Gefühl statt Vorschlaghammer: Die Fachgruppe Räumen beseitigt Hindernisse und Trümmer, schafft Zu- und Abfahrtswege mit Bergräumgerät. Sie unterstützt das Vordringen zu Eingeschlossenen und Verschütteten und führt unaufschiebbare Sicherungsarbeiten an einsturzgefährdeten Gebäude- oder Bauwerksteilen durch. Dazu kann Brandenburg seit vergangenem Jahr mit einem Teleskop- statt einem Radlader hantieren. Und den fährt nur Kathleen Brandt. „Damit kann man alles machen“, freut sie sich über die Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs. Das verfügt nämlich sowohl über eine Klappschaufel, als auch eine Palettengabel und eine Arbeitsbühne für Einsätze von bis zu 14 Metern. Seit 1998 ist Kathleen Brandt schon als ehrenamtliche Helferin beim THW, seit 2000 Gruppenführerin. Die Havelländerin ist mit harter Arbeit aufgewachsen. „Ich komme aus der Landwirtschaft und vom Bau. Da hat es sich angeboten, den Lkw-Führerschein zu machen“, erzählt sie. Mittlerweile hat sie zudem die Berechtigung zum Lenken von Flurförderfahrzeugen. „Klar ist es für eine Frau körperlich schwerer“, gibt Brandt zu und bezieht sich zum Beispiel aufs Beladen. „Man muss aber nur wissen, wie man das technisch kompensiert. Man muss nicht mit dem Vorschlaghammer vorgehen, sondern mit Gefühl.“ Kompetenz überzeugt: Gefühl, gepaart mit technischem Verständnis und Weitblick ist in ihrer Funktion notwendig, meint die Gruppenführerin. Ebenso zählen Gradlinig- und Strukturiertheit. Auch im Umgang mit dem Team: vier Mann sind derzeit an Bord, die Sollstärke liegt bei neun. Sie erzählt: „Wir sind anfangs schon einmal aneinander gerasselt“. Aber: „Wenn du kompetent bist, dann kommt das Vertrauen“. Im Ortsverein und innerhalb ihres Teams wird ihre Befähigung daher überhaupt nicht in Frage gestellt, ist sich Kathleen Brandt sicher. Bei Einsätzen mit unbekannten Mithelfenden kann das allerdings schon mal passieren. „Es ist eine Männerdomäne“, weiß sie. Beim Magdeburger Hochwasser 2013, so erzählt Brandt, haben sie einige Herren durchaus äußerst skeptisch beäugt. „Das war ein Graus. Du darfst dir keinen Fauxpas erlauben“, sagt die 40-Jährige. „Aber es hat funktioniert und keine zehn Minuten gedauert, dann war die Akzeptanz da.“ „Ich habe immer schon Sicherheit ausgestrahlt. Das ist notwendig“, ist Kathleen Brandt überzeugt. Diese Sicherheit besitzt sie zudem in Bezug auf ihre eigenen Kräfte. Das muss sie auch, denn die Einsätze sind teilweise nicht ohne. Die Hilfsarbeiten beim Hochwasser 2002 in Magdeburg zogen sich fast über ein halbes Jahr, erzählt Brandt. „Das war das Krasseste. Da haben die Helfer schon teilweise im Stehen geschlafen.“ Maßlose Selbstüberschätzung ist gefährlich: Ihre körperlichen Grenzen habe sie dabei nicht erreicht. „Ich mache das so, dass es nicht passiert. Dass es eng wird, sollte man sich rechtzeitig eingestehen“, findet sie. Mit maßloser Selbstüberschätzung, so sagt die Gruppenführerin, bringt man schnell sich und auch andere in Gefahr. Was ihr bei Einsätzen hilft, bei denen sie teilweise unter Atemschutz fahren muss: „Das Wichtigste ist Schokolade“, meint Brandt schmunzelnd. Denn der Körper muss laufend Energie zugeführt bekommen, um die Anstrengungen auszuhalten. Neben ihrer Aufgabe als Gruppenführerin, bildet Brandt neue Helfer aus, ist zudem Helfersprecherin im Ortsverband. Regulär arbeitet sie in einem Fachbaumarkt, hat sich zudem zur Reittherapeutin ausbilden lassen, um mit schwer erziehbaren und schwer behinderten Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Von Erschöpfung ist bei Kathleen Brandt dennoch keine Spur zu merken. Wenn sie auf ihren mehr als 20-jährigen Einsatz beim THW zurückblickt, ist sie eher erstaunt, wie schnell die Zeit verging. Verzichten will sie auf die Aufgabe keineswegs und legt sie auch anderen Interessierten – ob Frau oder Mann – ans Herz. „Hier kann jeder viel mitnehmen und jeder seine Talente einbringen“, sagt sie. Von Antje Preuschoff