Streit um Teststation für Stadtverordnete in Brandenburg an der Havel

Es war wohl ein nicht gut abgestimmter Schnellschuss des Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung Walter Paaschen (CDU): Dieser hatte Stadtverordnete und Gäste der Sitzung an diesem Mittwoch aufgefordert, sich unmittelbar vor Beginn einem Corona-Schnelltest zu unterziehen. Widerspruch unter Stadtverordneten: Das löst Widerspruch aus: „Sobald ein positiver Test feststeht und ein Stadtverordneter deshalb von der Sitzung ausgeschlossen wird oder fernbleiben muss, werde ich einen Abbruch und ein Vertagen der Sitzung beantragen“, sagt der SPD-Stadtverordnete Carsten Eichmüller. Dann wäre das demokratische Mitbestimmungsrecht verletzt, Beschlüsse dürften dann nicht gelten. Es gebe ja auch keine Ersatzmitglieder, die nötigenfalls aufrücken könnten. Mandat muss erfüllbar sein: „Tests sind gut und wichtig, sie sollten auch gemacht werden. Doch man muss auch die praktischen Folgen abschätzen.“ Eichmüller könnte es eigentlich egal sein, als Polizei-Dienstgruppenleiter im Einsatz hat er bereits seine Schutzimpfung bekommen. Doch ihm geht es um Grundsätzliches. „Jeder Stadtverordnete muss die Möglichkeit haben, sein Mandat auch auszufüllen.“ Keine Diskriminierung: Paaschens Vorschlag sei nicht zu Ende gedacht gewesen, heißt es aus verschiedenen Richtungen. Solche Tests könnten nur freiwillig, nicht verpflichtend, angestellt werden. Es dürfe auch niemand diskriminiert werden, der sich dem nicht unterziehe. Abgestimmtes Hygienekonzept: Die SVV habe ein mit dem Gesundheitsamt abgestimmtes Hygienekonzept mit Maskenpflicht und Mindestabstand. Paaschen dürfe auch niemand wegen eines positiven Tests von der Sitzung ausschließen, er kann höchstens das Gesundheitsamt informieren, das wiederum eine Quarantäne anordnen dürfe. Ganz verrückt wäre es, wenn beispielsweise ein Schnelltest positiv ausfalle, ein nachfolgender PCR-Test aber negativ – dann gäbe es einen „Falsch-positiv-Test“. Wenn auf dieser Grundlage ein Stadtverordneter – oder auch mehrere – fernblieben, wären ohne sie gefasste Beschlüsse hinfällig. Wie steht es um Schweigepflicht? Nicht beachtet worden sind beispielsweise auch Fragen der ärztlichen Schweigepflicht: Wie will man beispielsweise erklären, dass ein Stadtverordneter zwar beim Test noch ansteht, dann aber nicht im Sitzungssaal ankommt? Mehrheiten sind zu suchen: Offensichtlich hat Paaschen mehr Probleme verursacht als er lösen wollte. Doch auch für Eichmüller wird es nicht einfach. Er muss sich eine Mehrheit suchen, die für ein Vertagen der Sitzung stimmt. Oder er muss genügend Stadtverordneten-Kollegen überreden, die Sitzung zu verlassen, damit die Beschlussfähigkeit des Gremiums nicht mehr gegeben ist. Von André Wirsing