„Ihr seid verrückt.“ Diesen Satz haben Steffen Lorke und Kevin Hennig schon öfter gehört. Auch von Freunden und Familienmitgliedern. Gemeint ist ihr extravagantes Hobby, für das sie als Team unter dem Namen „Gewitterjagd Brandenburg“ im Jahr um die 20.000 Kilometer mit dem Auto abspulen. In ganz Deutschland und halb Europa waren die beiden schon unterwegs.
„Das große Ziel ist es, einmal einen Tornado live zu sehen“, sagt Lorke, der in Rädel zu Hause ist. Bisher hat es nur zu sogenannten Funnelclouds, zu deutsch Trichterwolken, gereicht. Beim Tornado in Bützow, der im Mai 2015 große Zerstörungen in der mecklenburgischen Kleinstadt anrichtete, war Lorke dicht dran. Aber leider auf der falschen Seite der Wolkenmassen. „Ein dichter Regenvorhang hat die Sicht auf das Geschehen verdeckt.“
Ein bisschen Risikobereitschaft und den Drang zum Nervenkitzel braucht es schon, um als Gewitterjäger erfolgreich zu sein. Zur Grundausrüstung gehört eine gute Spiegelreflexkamera mit verschiedenen Objektiven, schließlich sind Fotos und Filme die Trophäen einer gelungenen Jagd.
Wetterphänomene aller Art
Über das Internet ist der 27-jährige Kevin Hennig aus Brandenburg darauf gestoßen, dass sich aus seiner Faszination für Wetterphänomene aller Art mehr machen lässt. „Mich haben diese kleinen Filme schon immer begeistert“, sagt Hennig, der seit 2016 mit Lorke im Duett unterwegs ist. Jetzt sorgt er selbst dafür, dass andere Leute über Blitze, Regenmassen und Wolkenformationen staunen, die er als Gewitterjäger eingefangen hat.
Wohin die Reise jeweils geht, hängt natürlich immer von der aktuellen Wetterlage ab. „Wir haben stets ein Auge auf verschiedene Wettervorhersage-Seiten im Netz und können inzwischen aus gesammelter Erfahrung abschätzen, wo sich eine Gewitterlage entwickeln könnte“, so Lorke. Wenn es zeitlich passt, setzen sie sich ins Auto und nehmen die Fährte auf.
Anderes Team getroffen
Dass sie mit ihrer Leidenschaft nicht allein sind, merken sie immer wieder. „Vor zwei Jahren waren wir zum Beispiel 100 Kilometer hinter der deutsch-polnischen Grenze unterwegs und haben da zufällig ein Team aus Niedersachsen getroffen“, sagt Lorke.
Um schöne Fotos zu bekommen, versuchen die Brandenburger Gewitterjäger, den Blitzen immer einen Schritt voraus zu sein. Sie fahren vor der Unwetterfront her, halten zum Fotografieren an und lassen dabei das Gewitter auf sich zurollen. Ganz unterschiedliche Arten von Blitzen habe sie dabei schon im Bild festgehalten.
Es gibt die Klassiker, bei denen sich der Blitzkanal zwischen Wolke und Erdboden ausbreitet, aber auch sogenannte Crawler. So heißen Blitze, die quer zwischen den Wolken am Horizont wandern.
Am liebsten Urlaub bei schlechtem Wetter
Einmal wurde es brenzlig. „Wir haben ein Gewitter fotografiert, plötzlich hat es knapp hinter uns eingeschlagen“, so Lorke. Der Weg zurück ins Auto ging dann doch zügiger als geplant, aber der Schreck hat sich schnell gelegt. Schließlich stimmen die beiden ihren Urlaub auf schlechtes Wetter ab.
In diesem Jahr waren sie in Ungarn und Österreich unterwegs. Für ein Wochenende an die Nord- oder Ostsee zu fahren, in der Hoffnung eine Wasserhose vor die Linse zu kriegen, ist auch keine Seltenheit.
Um dem ganz großen Traum vom Tornado näher zu kommen, soll es irgendwann mal für ein paar Wochen in die Vereinigten Staaten gehen. Dort bieten amerikanische Stormchaser an, mit ihnen zusammen auf die Jagd zu gehen.
Mehr dazu auf Facebook unter „Gewitterjagd Brandenburg“.
Von Christine Lummert