Warum die Brandschützer so unzufrieden sind

Zum ersten Mal trafen sich im Rolandsaal alle neun Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Brandenburg an der Havel zu einer gemeinsames Jahreshauptversammlung, um Bilanz zu ziehen, sich auszutauschen und Probleme in ihrer freiwilligen Arbeit zu benennen. Führungsriege war komplett da: Zu Beginn erhoben sich die Tagungsteilnehmer zu einer Schweigeminute zu Ehren ihrer im vergangenen Jahr verstorbenen Mitstreiter. Der Versammlungsleiter und Vorsitzende des Stadtfeuerwehrverbandes Sven Wolfram begrüßte neben den Kameradinnen und Kameraden aus den Wehren ihren obersten Dienstherrn, Oberbürgermeister Steffen Scheller sowie den Beigeordneten Michael Brandt (beide CDU) und Stadtbranddirektor Mathias Bialek. OB verspricht Zuhören: In seinem Grußwort betont Scheller, wie wichtig ihm die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehren ist. Er verspricht, immer ein offenes Ohr für deren Sorgen und Nöte zu haben. Man solle ihm immer wieder sagen, wo der Schuh drückt, nur so können man Verbesserungen erreichen.„Es braucht Menschen, die sich mit Handeln in die Gesellschaft einbringen. Das sind sie im besonderen. Sie sind unverzichtbarer Bestandteil unseres Feuer- und Rettungswesens und damit ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Stadt,“ so Scheller zu den Zuhörern im Saal. Geld ist zugesagt: Mithin kann er auch im Laufe der Tagung einige Fragen beantworten und zahlreiche Anregungen mitnehmen. So werden auch in den nächsten Jahren nötige Mittel im Stadthaushalt bereitgestellt, versichert er den Anwesenden. Brandenburg an der Havel hat neun Freiwillige Feuerwehren: Brandenburg Altstadt/Neustadt, Göttin, Schmerzke, Klein Kreutz, Kirchmöser, Plaue, Mahlenzien, Gollwitz und Wust. Darin sind 217 aktive Mitglieder registriert, 30 von ihnen sind Frauen und 178 sind Männer. Die Alters- und Ehrenabteilungen zählen insgesamt 50 Frauen und 123 Männer. In den Jugendfeuerwehren sind 185 Jugendliche organisiert. Unter ihnen 56 Mädchen. Das sind 575 Freiwillige in der Stadt, die sich um den Brandschutz kümmern. Im Jahr 2019 haben sie unter anderem geleistet: Insgesamt 12.830 Stunden Ausbildung; 4320 Stunden Sonderausbildung bei der Berufsfeuerwehr oder in der Leitstelle. Es gab 402 Einsätze mit insgesamt 5958 Stunden. Besondere Einsätze: ein Dachstuhlbrand in Briest, der Brand im Recyclingpark in der August-Sonntag-Straße, ein Unfall mit einem Bus und 30 Kindern in der Bauhofstraße, der Holzpalettenbrand auf dem THW-Gelände in Hohenstücken, ein Unfall an der Planebrücke, der Brand in der früheren Elisabethhütte, der Waldbrand in Kirchmöser und mehrere Einsätze auf der Autobahn 2. In seinem Vortrag zur Bilanz des vergangenen Jahres hat Oliver Tröger, Sprecher der Freiwilligen Feuerwehren, hier gleich mehrere Ansätze. „Wir genießen volles Vertrauen, da wir hinter unserer Berufung stehen. Dieses Vertrauen gibt es aber leider nicht in allen Bereichen, oft werden wir vor vollendete Tatsachen gestellt oder über Dinge nicht informiert,“ so Tröger. Angesprochen hat er damit die Zusammenarbeit mit der Verwaltung. Zu oft würden Probleme angesprochen, landen einmal im Protokoll und verschwinden in der Versenkung. Ihre Bearbeitung dauere zumeist ewig. Immer mehr Bürokratie: Besonders schwer zu verstehen sei der immer höher werdende Verwaltungsaufwand, der sich trotz sich immer weiter entwickelnder Informationstechnik für die Freiwilligen nicht vereinfache. Außerdem sehe man die Kämmerei als Hemmschuh, da bewilligte Mittel, so für dringend benötigte neue Laptops, nicht frei gegeben würden. Eine Datenbank solle nun endlich in Gang gebracht werden, um den Verwaltungsaufwand zu verringern. Auch die Ausstattung sei in vielen Bereichen mangelhaft bis überhaupt nicht vorhanden. Und die Liste ist noch sehr lang. Leichte Ausrüstung genügt oft: Besonders hervorzuheben sei die Ausstattung der Einsatzkräfte mit der persönlichen Schutzausrüstung (PSA). Diese sei oft Jahrzehnte alt oder einfach nicht mehr nutzbar. Daniel Bucko, Wehrführer der Brandenburger Freiwilligen Wehr nimmt den Faden gerade in dieser Richtung auf und hat sogar Beispiele mit dabei. „Obwohl sie für jeden Pflicht ist, hat sie nicht jeder. Teils ist die PSA 20 Jahre alt und nicht mehr zumutbar. Wir brauchen vernünftige Schutzkleidung“, so Bucko. Er offeriert auch gleich Alternativen. So sei es nicht notwendig, immer die schwere Schutzkleidung zu tragen, vieles könne man mit leichter Schutzkleidung erledigen. „Die schwere PSA wird nur in einem Drittel aller Fälle benötigt, und die leichte PSA würde zudem nur ein Fünftel kosten.“ Lüften statt Austausch: Ebenso sei der Austausch kontaminierter PSA ein Problem. Anstatt nach Einsätzen diese zu tauschen, würde sie zum Lüften einfach in die Umkleide gehängt. Das sei ein Krebsrisiko. Des weiteren sollte die Ausstattung mit Ausgehuniformen endlich möglich sein. Ausgeh-Uniformen sind bestellt: Hier kann Stadtbranddirektor Mathias Bialek einhaken, denn letztere sollen nun kommen. Auch der Oberbürgermeister informiert, das vergangene Woche die Kämmerei die Mittel dafür freigegeben habe. Allerdings gibt es noch zahlreiche weitere Probleme, die zu klären dringend notwendig ist. Durch das Ansprechen sei erst einmal ein Anstoß zum Lösen gegeben worden. Landesmeisterschaft in der Stadt: Es gibt vieles zu berichten über Probleme und auch zahlreiche erfolgreiche Einsätze und viele andere Aktivitäten, die von den Brandschützern der Havelstadt unternommen wurden. Im besonderen Augenmerk ist im Ausblick auf das Jahr 2020 die Landesmeisterschaft der Jugendfeuerwehren des Landes Brandenburg in der Stadt. Sie findet vom 18. bis 20.September 2020 statt. Auszeichnungen und Ernennungen: Außerdem wurden zahlreiche Kameradinnen und Kameraden befördert und ausgezeichnet. Unter ihnen 36 ehemalige Anwärter, die nach erfolgreichem Abschluss ihrer Ausbildung am Samstag zu Feuerwehrmännern und -frauen ernannt wurden. Und die Brandschützer Margot Leo, Gisela Haase, Irmgard Muthreich, Marlies Steinicke, Manfred Liepe, Wolfgang Lüdicke, Günter Grabow und Walter Reichert sind für 50 Jahre Treue Dienste in der Freiwilligen Feuerwehr gehrt worden. Treffen nun in jedem Jahr: Fazit für alle ist es, dass diese Jahreshauptversammlung Start einer künftig fest verankerten Tagung sein soll und ab sofort immer am vierten Samstag eines Januars stattfinden soll, um alle Sorgen und Probleme ansprechen zu können. Von Rüdiger Böhme

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