Wie der genaue Zeitplan für die Sprengung der Brücke aussieht

Die Wahrheit kommt nur kleckerweise ans Licht. Während sich Landesstraßenbetriebs-Vorstand Edgar Gaffry am Mittwochmorgen zum Thema Sprengtermin für die Schrottbrücke „20. Jahrestag“ auf kein Datum festlegen ließ, kamen am Abend im Stadtentwicklungsausschuss der Stadtverordnetenversammlung genauere Angaben, mit deren Hilfe sich das Datum ziemlich exakt eingrenzen lässt. Sperrzeit 15 Tage: „Der Sperrtermin für die Bahnstrecke nach Rathenow ist auf den 15. bis 29. Mai festgelegt. In dieser Zeit muss die Brücke runter und beräumt sein“, sagt der städtische Brückenexperte Peter Reck. Möglicherweise fällt das Bauwerk dann am Montag, 17. Mai, oder nur ganz wenige Tage später. Viel wegzuräumen: Die ersten beiden Tage werden wohl benötigt, um ein Fallbett aufzuschichten und die Sprengladungen anzubringen. Mit kleineren Detonationen werden die Stützen geschwächt, so dass die Brücke absinkt, auf das schräge Bett aus Erde trifft und faktisch herunterrollt. Viel mehr Zeit kann sich der Landesbetrieb auch nicht lassen, weil dann noch einige Hundert Tonnen Schutt zu beräumen sind. Am 30. Mai muss die Bahnstrecke wieder frei sein. Zeitplan ist Gesetz: An dieses Zeitfenster wird sich der Landesbetrieb Straßenwesen LS unbedingt halten müssen, weil sonst wieder viele Monate ins Land gehen würden, bis die Bahn einer neuerlichen Sperrung zustimmt. In der Regel dauert ein solches Verfahren zwei Jahre, hat der LS-Planungsdezernent Frank Schmidt auch im Zusammenhang mit dem Neubau der Brücke über die RE-1-Strecke an der Potsdamer Straße mehrfach betont. Keine Not-Überfahrt: Die Deutsche Bahn AG befährt die Rathenower Linie gar nicht – das erledigt derzeit die ODEG – aber sie ist Eigentümerin des Netzes. Als solche stellt sie sich auch als ziemlich hartleibig dar: „Es wird auch in dieser Zeit keine Notüberfahrt für Feuerwehr, Rettungsdienst und Busse geben, das hat die Bahn verwehrt. Also stellen sich die Busse brav in den Stau auf dem Klingenberg“, sagt Reck. Umleitung über den Klingenberg: In den beiden Wochen wird neben der großen Umleitung über Gördenallee, Quenzweg zur Magdeburger Landstraße auch die bislang inoffizielle Verbindung von der Zanderstraße über Klingenberg- und Friedrich-Engels-Straße zur Magdeburger Landstraße freigegeben, der Landesbetrieb hat zugesagt, dann auch die Ampelphasen zu verlängern, damit nicht nur drei oder vier Autos in einer Grünphase die Kreuzung passieren können. Reck versichert auch, dass die Baustelle mit dem neuen Abschnitt der Spittastraße spätestens am 1. April beendet sein soll. „Das haben mir die Verantwortlichen vom Landesbetrieb so gesagt, dieser Termin ist gesetzt.“ Behelfsbrücke wird gebaut: Begonnen worden ist inzwischen auch mit dem Bau der provisorischen Brücke für Fußgänger und Radfahrer parallel zur Schrottbrücke über die Bahngleise direkt zwischen Einsteinstraße und Altstadt-Bahnhof. Derzeit werden Spundwände und Träger zum Verankern in den Boden gerammt. Bäume müssen fallen: Streit ist auch schon absehbar zum Neubau der Brücken – kleinere Bauwerke sollen das bisherige 192 Meter lange Beton-Ungetüm ersetzen. Der LS hat nun einen weiteren Planungsentwurf vorgelegt. Demnach ist beispielsweise vorgesehen, den stadtauswärts führenden Geh- und Radweg nicht mehr links von der Trasse der Straßenbahnlinie 2 am Fahrbahnrand entlang zu führen, sondern ganz rechts außen hinter den Gleisen. Dazu müssen etliche Bäume fallen, die bislang den Kindern im DRK-Kinderdorf Schatten und teilweise Lärmschutz bieten. Ersatz dürfte schwierig werden – dafür reicht einfach der Platz nicht. Radfahrer-Belange sind ausgeblendet: „Den Belangen der Radfahrer wird beim Landesbetrieb überhaupt nicht Rechnung getragen“, moniert die Bündnisgrünen-Fraktionsvorsitzende Martina Marx. Das habe man auch schon beim Streit um die Radwege im gerade neu zu bauenden Abschnitt der August-Bebel-Straße gesehen. Nun liege die Schuld aber nicht allein bei der Landesbehörde. Der Regionalchef des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs ADFC hatte sich an LS-Planer Schmidt gewendet und sich beklagt. Schmidt schrieb ihm, der Landesbetrieb wolle die Radfahrer berücksichtigen. Dazu müsse man sich aber erst einmal in der Stadt einig werden und dann die gemeinsamen Wünsche übermitteln. Der LS übernehme diese in die Pläne. Weg direkt in den Imbiss: Die neuesten Entwürfe führen nämlich zu der absurden Situation, dass der künftige Rad- und Gehweg stadtauswärts direkt zu dem kleinen Asia-Imbiss vor der alten Stahlwerkspoliklinik führt, ab da geht es nicht weiter, weil links ja die Straßenbahngleise liegen. Der Imbiss steht zu allem Unglück auch noch auf einer winzigen privaten Fläche, auf die weder Stadt noch LS einfach so Zugriff haben. Gemeinsame Linie mit der Stadt: Bürgermeister Michael Müller (parteilos) sagt zwar, dass Oberbürgermeister Steffen Scheller (CDU) wegen der Planungen bereits an den Landesbetrieb geschrieben habe. Das ersetzt allerdings nicht die Kommunikation auf lokaler Ebene. Ausschusschef Georg Riethmüller (CDU) trägt deshalb der Verwaltung auf, vor Stellungnahmen zu Planungen auch die Interessenverbände der Radfahrer wie VCD und ADFC anzuhören. Es wird noch viel gestritten, bevor die neuen Brücken endlich stehen. Von André Wirsing