ZF-Getriebewerker demonstrieren mit Fahrzeugkorso für ihre Arbeitsplätze

Mehrere hundert ZF-Beschäftigte und Gewerkschafter sind am späten Donnerstagvormittag durch die Stadt gefahren. Mit zwei klaren Zielen: Vordergründig die Betriebsversammlung an der Regattastrecke. Hintergründig der Erhalt der Arbeitsplätze im Brandenburger Getriebewerk in der Caasmannstraße. Die einen stiegen gegen 11.30 Uhr aufs Fahrrad, die anderen warfen die Motoren ihrer Krafträder an und wieder andere setzten sich hinters Steuer ihrer Autos. Die Route des von der IG Metall organisierten Fahrzeugkorsos führte vom ZF-Haupttor in der Caasmannstraße über den Zentrumsring, die Willi-Sänger-Straße und die Brielower Straße zur Betriebsversammlung auf der Regattastrecke. 45 Minuten lang war die Belegschaft unterwegs. Die Aktion verlief nach Angaben der Polizei störungsfrei. Diesmal handelt es sich also nicht um eine Freizeit- oder Spaßfahrt. Der Hintergrund ist ernst genug. Es geht um nicht weniger als die Arbeitsplätze des größten Industrieunternehmens der Stadt. Brief des Vorstandes: Ende Mai hatte der ZF-Vorstand ein dramatisches Bild von der Lage des Unternehmens gezeichnet. Er hatte sämtliche Beschäftigte angeschrieben und angekündigt, bis zum Jahr 2025 bis zu 15 000 Arbeitsplätze abzubauen. 7500 davon könnte es in Deutschland treffen. An der nicht öffentlichen Betriebsversammlung nahmen etwa 700 Beschäftigte teil und als vom Betriebsrat eingeladene Gäste auch Oberbürgermeister Steffen Scheller und die Bundestagsabgeordnete Dietlind Tiemann (beide CDU). Ganz neue Informationen zum geplanten konzernweiten Stellenabbau erhielten die Beschäftigten offenbar nicht. Geschäftsführer Markus Schmidt sagte, dass auch er keine konkreten Hinweise auf die Planungen an einzelnen Werkstandorten habe. Kampfbereit für den Standort: Erkennbar war in der Versammlung das gemeinsame Bestreben von Geschäftsleitung, Betriebsrat, IG Metall und den Politikern, für den wichtigen Industriestandort in der Stadt zu kämpfen. Tiemann betonte die Strahlkraft von ZF in der Region und die Bedeutung des Getriebewerks für viele Zulieferer, für die Kaufkraft der Brandenburger und somit für die Wirtschaftskraft der Stadt und der Region. Die Erste Bevollmächtigte der IG Metall, Stefanie Jahn, kündigte an, dass die Gewerkschaft natürlich gesprächsbereit sei, aber auch eine Auseinandersetzung nicht scheue, wenn es um Arbeitsplätze und tarifliche Errungenschaften geht. Sie forderte auch in diesen Zeiten den Erhalt und Ausbau von Ausbildung und Qualifizierung in der Caasmannstraße. 21-Schichten-Modell: Geschäftsführer Markus Schmidt und Betriebsratschefin Carmen Bahlo widmeten sich in ihren Redebeiträgen der konkreten Arbeitsorganisation im Werk unter den Bedingungen der Corona-Krise. Weiterhin gibt es Kurzarbeit. Allerdings läuft im Betrieb aktuell wieder das 21-Schichten-Modell, allerdings mit einer Arbeitszeit von nur sechs Stunden pro Schicht. Das ist unter anderem den Hygieneanforderungen geschuldet. Umbau in Richtung Elektromobilität: Zu den Herausforderungen der näheren Zukunft gehört der Bandumbau. Denn der Kunde BMW stellt um auf Elektromobilität. Am Rande der Veranstaltung äußerten Beschäftigte ihren Unmut über die Kommunikation des Konzernvorstandes. Denn das Schreiben hatte die Belegschaften des Automobilzulieferers ganz unerwartet getroffen. Von Jürgen Lauterbach